Bildungsbericht Ruhr 2024
Weiterbildung
Volkshochschulen und weitere Institutionen beruflicher Weiterbildung
Neben den großen typischen Institutionen beruflicher Weiterbildung wie die Bundesagentur für Arbeit, die Fachschulen und die Hochschulen und Universitäten bieten auch viele Bildungsorganisationen, Betriebe und Unternehmen Bildungsgelegenheiten für Erwachsene an, die sich zuvorderst beruflich verwerten lassen. Viele dieser Anbieter sind statistisch leider unsichtbar oder können nicht tief regionalisiert erfasst werden. Sehr gut sichtbar sind hingegen die Volkshochschulen und deren Kursangebote, die dezidiert zur Anwendung im Arbeitsleben geeignet oder vollumfänglich auf diese Nutzung zugeschnitten sind (Abbildung 6.24). In der Metropole Ruhr wurden 2018 noch 20,3 Unterrichtsstunden pro 1.000 Einwohner*innen und 2019 18,5 im Bereich der beruflichen Bildung durchgeführt. Dieser Wert ist 2020 auf nur noch 6,9 Unterrichtsstunden gefallen und hat sich 2021 wieder leicht auf 9,4 und 2022 auf 12,1 Unterrichtsstunden erhöht. Auch die berufliche Bildung an Volkshochschulen wurde durch die Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie stark eingeschränkt. Dennoch ist das Angebot beruflicher Bildung in der Metropole Ruhr derzeit das höchste im Vergleich zu allen anderen hier beobachteten Metropolregionen. Nur in Frankfurt/Rhein/Main war das Angebot 2018 noch höher. Dennoch hat in kaum einer anderen Metropolregion die Corona-Pandemie so deutliche Spuren hinterlassen, obgleich die Erholung im Bereich der beruflichen Bildungsangebote in keiner anderen so gut gelungen ist.
Das zeigt sich auch bei der Entwicklung der Angebotsprofile im Bereich der beruflichen Bildung in den Volkshochschulen (Abbildung 6.25). Der größte Fachbereich umfasst fachübergreifende, sehr allgemeine berufliche Weiterbildung wie bspw. Bewerbungstrainings. Auch im Bereich der beruflichen Bildung bleiben die Volkshochschulen also offensichtlich dem Grundgedanken treu, allgemeine, für möglichst alle Bevölkerungsteile eines Versorgungsgebiet nutzbare Angebote zur Verfügung zu stellen. Das gilt auch für Angebote zur Vermittlung allgemeiner IT-Kompetenzen, insbesondere Fähigkeiten zur Anwendung von Standardsoftware und Kenntnisse über IT-Systeme. Eher marginal sind Angebote zur Vermittlung allgemeiner kaufmännischer Fähigkeiten und der Grundlagen des Rechnungswesens. Kaum messbar sind Angebote zu technischen Grundlagen, Softskills, Organisation und Management und branchenspezifischen Fachgebieten. Grundsätzlich stehen Volkshochschulen bei der Gestaltung der Programm- und Angebotsstrukturen insbesondere im Bereich der beruflichen Bildung vor der Herausforderung, keine marktverzerrenden – durch staatliche Zuschüsse subventionierten – Angebote auf den Weiterbildungsmarkt zu bringen, die mit kommerziellen Anbietern in Konkurrenz stehen.
Auch im Vergleich zu anderen Regionen wird deutlich, dass allgemeine, wenig spezifische Angebote zur Vermittlung von Grundlagen dominieren. Allerdings gibt es deutliche Variationen des Programmprofils der beruflichen Bildung der Volkshochschulen zwischen den Metropolregionen. In Berlin, Hamburg, München, dem Saarland, Stuttgart und zuletzt auch im Frankfurt/Rhein/ Main-Gebiet dominieren Kursangebote zu IT-Grundlagen und allgemeinen Anwendungen. Hier sind mit hoher Wahrscheinlichkeit Kursangebote verortet, in denen Kenntnisse vermittelt werden, die sowohl im Alltagsleben als auch im beruflichen Kontext als Bedingung der Möglichkeit gesellschaftlicher Teilhabe in Zeiten der Digitalisierung angesehen werden können. In Stuttgart und Frankfurt/Rhein/Main waren es 2022 3,9 Unterrichtsstunden pro 1.000 Einwohner*innen. Auch branchenspezifische Fachlehrgänge haben in einigen Metropolregionen eine deutlich höhere Bedeutung als in der Metropole Ruhr. Das trifft bspw. für Berlin und Westfalen zu. Welche Angebote konkret dahinterstehen, lässt sich nicht ohne Weiteres ermitteln. Die fachübergreifenden Angebote dominieren tatsächlich nur (partiell) in Frankfurt und der Metropole Ruhr. Diese fachübergreifenden Angebote sind jedoch vor allem dafür verantwortlich, dass sowohl in der Region Frankfurt/Rhein/Main als auch in der Metropole Ruhr die Angebote an beruflicher Weiterbildung so deutlich über dem Angebotsumfang der anderen Metropolregionen liegen.
Bildungsschecks
Ein wichtiger Bereich beruflicher Bildung sind Bildungsschecks. Dabei handelt es sich nicht um Bildungsaktivitäten oder Angebote beruflicher Weiterbildung, sondern um eine Förderung der Nutzung bestehender Bildungsgelegenheiten. Die Förderung durch Bildungsschecks konnte bis zum 30.06.2024 durch Einzelpersonen und bis zum 31.12.2023 durch Betriebe beantragt werden. Das Instrument der Bildungsschecks ermöglicht eine an individuellen und betriebsspezifischen Bedarfen orientierte Förderung von Weiterbildung. Durch die Vergabe- und Akkreditierungspraxis erlauben Bildungsschecks und -gutscheine (prinzipiell) eine Steuerung des weitgehend deregulierten Weiterbildungsmarktes. Im Gegensatz zu einmaligen oder zyklischen Vergaben öffentlicher Aufträge verstetigen Bildungsschecks den Wettbewerb um öffentliche Mittel zwischen Weiterbildungsanbietern und erschließen so die Innovationspotenziale des Weiterbildungsmarktes im öffentlichen Interesse. Durch die mit der Akkreditierung einhergehende Festlegung dafür notwendiger Voraussetzungen könnten zudem Qualitätsstandards definiert und implementiert werden. Eine solche Akkreditierung war in NRW jedoch nicht notwendig.
Die Zahl der vergebenen Bildungsschecks hat sich in den letzten Jahren sichtbar reduziert. In NRW waren es 2019 noch 32.913, 2020 30.906, 2021 reduzierte sich die Zahl weiter auf 29.909, und 2022 wurden noch 28.530 Bildungsschecks vergeben, 2023 schließlich 29.441. Am höchsten ist die Zahl der ausgegebenen Bildungsgutscheine in Westfalen. Allerdings ist der Rückgang dort auch am stärksten (von 4,2 auf 3,4 Gutscheine pro 1.000 Einwohner*innen zwischen 18 und 65). In der Metropole Ruhr liegt die Zahl der vergebenen Bildungsschecks seit einem leichten Rückgang von 2019 auf 2020 relativ stabil bei 2,4 pro 1.000 Einwohner* innen. Das ist kontinuierlich unter dem Schnitt von NRW, aber über dem Niveau des Rheinlandes.