Weiterbildung

Bildungsbericht Ruhr 2020

Weiterbildung

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Prof. Dr. em. Horst Weishaupt

Stagnative, teils rückläufige Entwicklung bei wachsender Bedeutung

Allgemeine Weiterbildung ermöglicht es Erwachsenen, Nonformale BildungNonformale Bildung findet außerhalb staatlicher oder staatlich anerkannter Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen für allgemeine, berufliche oder akademische Bildung statt und führt nicht zum Erwerb eines anerkannten Abschlusses.nonformale Bildungsinteressen zu verwirklichen. In der Metropole Ruhr leisten die Volkshochschulen als öffentliche Anbieter dazu in der Gesamtheit einen wichtigen Beitrag. Das Angebot wurde aber in den letzten Jahren reduziert. Die Zahl der Kurse ist fast um ein Viertel geschrumpft und die Zahl der Belegungen hat sich um mehr als ein Viertel von 306.400 auf 227.100 verringert. Die Zahl der Belegungen je 1.000 Einwohner*innen ging von 61 auf 49 zurück.

Die Volkshochschulen konzentrieren sich zunehmend auf Sprachkurse (eine als positiv zu bewertende Reaktion auf den erhöhten Bedarf aufgrund der Flüchtlingswelle) und verringerten das berufsorientierte Angebot. Im interregionalen Vergleich bemühen sie sich besonders um das Nachholen von Schulabschlüssen. Die Universitäten der Metropole Ruhr haben nur ein geringes Angebot für ältere Gasthörer*innen an HochschulenGasthörer*innen können auch ohne formale Hochschulreife an einzelnen Kursen und Lehrveranstaltungen der Hochschulen teilnehmen. Zwar ist keine Abschlussprüfung möglich, dennoch gestattet das Gaststudium wissenschaftliche Weiterbildung und ist damit ein wichtiges Element im Kontext des „lebenslangen Lernens“. Für Studierende gibt es nach dem jeweiligen Hochschulrecht des Landes häufig auch die Möglichkeit, Lehrveranstaltungen als Zweithörer*in (Gaststudent*innen) zu belegen und diese somit in ihren Studiengang einzubringen.Gasthörer*innen und Student*innen als Zielgruppe allgemeiner Weiterbildung. Dazu trägt ein fehlendes offenes Angebot für Ältere („Altenuniversität“) entscheidend bei.

Der beruflichen Weiterbildung kommt bei der Bewältigung des Strukturwandels am Arbeitsmarkt besondere Bedeutung zu. In dieser Situation hat sich in der Metropole Ruhr die Zahl der durch Maßnahmen der Bundesanstalt für Arbeit in den letzten Jahren Geförderten – entgegen dem bundesweiten Trend – erhöht. Während von den Maßnahmen Unqualifizierte überproportional häufig erreicht werden, haben Frauen und Personen über 45 Jahre vergleichsweise geringe Chancen, eine Weiterbildung zu erhalten.

Relativ schwach ausgebaut und mit rückläufigen Absolvent*innenzahlen zeigt sich die Situation bei den FachschulenFachschulen sind Einrichtungen der beruflichen Weiterbildung mit fünf Fachrichtungen: Agrarwirtschaft, Gestaltung, Technik, Wirtschaft und Sozialwesen (Kultusministerkonferenz, 2002). Von den Fachschulbildungsgängen sind aufgrund der Zulassungsvoraussetzungen die Ausbildungen in Motopädie, Heilerziehungspflege und als Erzieher*in als Erstausbildung anzusehen (vgl. Kapitel Berufliche Bildung) und bleiben im Kapitel Weiterbildung unberücksichtigt.Fachschulen als Landeseinrichtungen der beruflichen Weiterbildung. Nicht anders ist die Situation bei den nach Bundesrecht geregelten Fortbildungsprüfungen der WirtschaftsorganisationenÖffentlich-rechtliche Prüfungen nach Bundesrecht auf drei Niveaus. Das erste Niveau der Aufstiegsfortbildung vermittelt vertiefende Kenntnisse in einzelnen Bereichen (z. B. Fremdsprachen, Datenverarbeitung). Auf Bachelorniveau sind die Meisterausbildungen und Fachwirte etc. angesiedelt, dem 2017/18 knapp 80 % der bestandenen Prüfungen im Bereich der Aufstiegsfortbildung zugehörten.

Die Masterstufe mit der Qualifikation als Betriebswirt stellt die höchste Qualifikationsstufe dar (mit bundesweit 7,4 % der bestandenen Prüfungen). Unterschieden wird zwischen kaufmännischen und gewerblich-technischen Fortbildungsprüfungen, die jeweils etwa die Hälfte der bestandenen Prüfungen ausmachen.
Fortbildungsprüfungen
der Wirtschaftsorganisationen. Sowohl bei den Fachschulabschlüssen als auch den Fortbildungsprüfungen der Wirtschaftsorganisationen zeigt sich eine starke Benachteiligung von Frauen durch die Konzentration auf gewerblich-technische Wirtschaftsbereiche. Mit dem BildungsscheckMit dem Programm übernimmt das Land Nordrhein-Westfalen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) zur Hälfte die Kosten beruflicher Weiterbildungsmaßnahmen bis höchstens 500 €. Im sogenannten „individuellen Zugang“ erhalten diese finanzielle Unterstützung Einzelpersonen mit kleinem und mittlerem Einkommen (zwischen 20.000 und 40.000 € Jahreseinkommen, im Besonderen Beschäftigte, Berufsrückkehrende und Selbstständige), die an einer beruflichen Weiterbildung teilnehmen möchten und sie selbst finanzieren. Im sogenannten „betrieblichen Zugang“ können Unternehmen eine finanzielle Unterstützung erhalten, die ihren Beschäftigten eine berufliche Weiterbildung ermöglichen möchten. Der Ausgabe von Bildungsschecks ist eine obligatorische Beratung in den zahlreichen Beratungseinrichtungen vorangestellt, um den Weiterbildungsbedarf zu ermitteln und passende Angebote ausfindig zu machen. Der Bildungsscheck verfolgt das Ziel, Personen dabei zu unterstützen, ihre Beschäftigungsfähigkeit durch lebensbegleitendes Lernen zu verbessern. Gleichzeitig trägt er dazu bei, dass Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit durch gut qualifizierte Beschäftigte stärken können.Bildungsscheck fördert Nordrhein-Westfalen die Finanzierung der Weiterbildung. Das Programm kommt vorzugsweise Frauen zugute, ist aber finanziell erheblich schlechter ausgestattet als in den Anfangsjahren und führt durch die Abhängigkeit von betrieblichen Weiterbildungsinteressen zu erheblichen Disparitäten in den Fördergelegenheiten.

Die Weiterbildungsbeteiligung der Bevölkerung in der Metropole hat in den letzten Jahren leicht zugenommen. Weiterhin bestehen aber große Unterschiede nach Bildungsqualifikation. Dadurch verstärkt Weiterbildung Unterschiede im Bildungsniveau der Bevölkerung, anstatt sie zu verringern.

Bei den Erwerbstätigen geht die berufliche Weiterbildung zurück und bei Nichterwerbstätigen steigt die nicht berufliche Weiterbildung an. In der Metropole Ruhr ist der Anstieg der nicht beruflichen Weiterbildung bei Nichterwerbstätigen besonders hoch und ist vor allem für den Anstieg der Weiterbildungsbeteiligung insgesamt im Ruhrgebiet verantwortlich.

Im Bundesdurchschnitt nehmen beruflich höher Qualifizierte (mit einer über eine duale Berufsausbildung hinausgehenden Qualifikation) 4,7 mal so häufig an Weiterbildung teil, wie Personen ohne einen Berufsabschluss. Das Ruhrgebiet befindet sich im Regionenvergleich in dieser Hinsicht in einer durchschnittlichen Position. Die unterschiedliche Weiterbildungsbeteiligung nach Bildungsniveau verweist auf die Herausforderung, mit der Ausweitung des Weiterbildungsangebots zugleich die Benachteiligung gering Qualifizierter zu verringern.

Insgesamt spiegelt die Situation der Weiterbildung die allgemein meist stagnative bis rückläufige Entwicklung. Ohne übergreifende Impulse wird die Region an dieser Situation wenig ändern können.

Wenn nichts anderes angegeben ist, beziehen sich die Werte in den Grafiken auf das Jahr 2018.


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