Bildungsbericht Ruhr 2020

Weiterbildung

Prof. Dr. em. Horst Weishaupt

Geringer Beitrag zur Höherqualifizierung durch Wirtschaftsorganisationen

Neben den nach Landesrecht geregelten FachschulenFachschulen sind Einrichtungen der beruflichen Weiterbildung mit fünf Fachrichtungen: Agrarwirtschaft, Gestaltung, Technik, Wirtschaft und Sozialwesen (Kultusministerkonferenz, 2002). Von den Fachschulbildungsgängen sind aufgrund der Zulassungsvoraussetzungen die Ausbildungen in Motopädie, Heilerziehungspflege und als Erzieher*in als Erstausbildung anzusehen (vgl. Kapitel Berufliche Bildung) und bleiben im Kapitel Weiterbildung unberücksichtigt.Fachschulen sind die Fortbildungsprüfungen der WirtschaftsorganisationenÖffentlich-rechtliche Prüfungen nach Bundesrecht auf drei Niveaus. Das erste Niveau der Aufstiegsfortbildung vermittelt vertiefende Kenntnisse in einzelnen Bereichen (z. B. Fremdsprachen, Datenverarbeitung). Auf Bachelorniveau sind die Meisterausbildungen und Fachwirte etc. angesiedelt, dem 2017/18 knapp 80 % der bestandenen Prüfungen im Bereich der Aufstiegsfortbildung zugehörten.

Die Masterstufe mit der Qualifikation als Betriebswirt stellt die höchste Qualifikationsstufe dar (mit bundesweit 7,4 % der bestandenen Prüfungen). Unterschieden wird zwischen kaufmännischen und gewerblich-technischen Fortbildungsprüfungen, die jeweils etwa die Hälfte der bestandenen Prüfungen ausmachen.
Fortbildungsprüfungen
der Wirtschaftsorganisationen wichtige bundesrechtlich geregelte Maßnahmen der WeiterbildungsförderungUm eine Aufstiegsfortbildung auch bei einer Verringerung der Arbeitszeit oder der Unterbrechung der Berufstätigkeit zu ermöglichen, gibt es Förderinstrumente durch einzelne Betriebe, auf der Ebene der Bundesländer und über bundesrechtliche Regelungen. Dazu gehört in Nordrhein-Westfalen der Bildungsscheck und auf Bundesebene das Aufstiegs-BAföG auf Grundlage des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (AFBG).Aufstiegsfortbildung. Die Fortbildungsprüfungen der Wirtschaftsorganisationen sind bundesweit zwischen 2013 und 2018 fast um 10 % zurückgegangen. Im Durchschnitt der Jahre 2017 und 2018 wurden 18,4 % der bundesweit bestandenen Prüfungen in Nordrhein-Westfalen abgelegt. Damit kamen dort 27 bestandene Prüfungen auf 10.000 Beschäftigte (im Vergleich zu 10,1 an Fachschulen).

Die Prüfungen der Industrie- und Handelskammern und der Handwerkskammern, die zusammen 91,5 % der bestandenen Prüfungen ausmachen, lassen sich regional unter Berücksichtigung der Metropole Ruhr darstellen. Die Fortbildungs- und Meisterprüfungen im Bereich der Land- und Hauswirtschaft, des öffentlichen Dienstes und bei den Freien Berufen müssen hier vernachlässigt werden.

In der Metropole Ruhr gibt es fünf Industrie- und Handelskammern.*Zu ihnen gehören die Kreise Kleve und Märkischer Kreis außerhalb der Metropole Ruhr. Wegen der niedrigen Zahl der jährlichen Fortbildungsprüfungen wurden die Daten der Jahre 2013 bis 2018 zusammenfassend ausgewertet, um Aussagen zu ermöglichen, die von jährlichen Schwankungen weniger beeinflusst sind. Die Zahl der bestandenen Prüfungen wurde auf die in der jeweiligen Region wohnenden sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bezogen, um die Teilnahmehäufigkeit zwischen den Regionen vergleichen zu können (Abbildung 6.14). Bei den IHK-Bezirken der Ruhrregion zeigt sich eine Konzentration der Prüfungen auf Essen und Dortmund. Insgesamt liegt die Zahl der bestandenen Prüfungen mit 12,2 je 10.000 Beschäftigten leicht unter dem Landesdurchschnitt von 12,7. Der Bundesdurchschnitt beträgt 15,0. Der höchste Wert wird mit 21,8 in der Region Stuttgart erreicht, der niedrigste in Berlin mit den IHK-Bezirken Potsdam und Frankfurt/Oder.

Bei den erfolgreichen Fortbildungsprüfungen in der Metropole Ruhr betrug der Frauenanteil beim kaufmännischen Abschluss im Durchschnitt der Jahre 2013 bis 2018 57,5 %, beim gewerblichtechnischen Bereich nur 4,6 %. Durch diesen Unterschied zwischen kaufmännischen und gewerblich-technischen Fortbildungsprüfungen ist der Frauenanteil an den erfolgreichen Prüfungen insgesamt von 37,2 % maßgeblich bedingt.

Deutschlandweit waren zwei Drittel der bestandenen Fortbildungsprüfungen der IHKs zwischen 2013 und 2018 kaufmännische Prüfungen (Abbildung 6.15). In der Metropole Ruhr beträgt die Quote 61,5 %.

Im beobachteten Zeitraum waren in Deutschland insgesamt 13,2 % der Fortbildungsprüfungen der IHKs auf dem untersten Niveau angesiedelt, 79,4 % auf der dem Bachelor entsprechenden zweiten Stufe und 7,4 % auf Masterniveau, der dritten Ebene des gestuften Fortbildungssystems. Die Metropole Ruhr weicht davon nur unwesentlich ab.

Die IHK-Bezirke Nordrhein-Westfalens setzen bei den Fortbildungsprüfungen sehr unterschiedliche Schwerpunkte. Während sich die IHK-Bezirke Bochum/Hagen, Duisburg und Münster auf Prüfungen der mittleren Qualifikationsstufe konzentrieren, sind bei der IHK Dortmund ein Drittel auf der untersten Qualifizierungstufe angesiedelt. Insgesamt entspricht der Anteil der Fortbildungsprüfungen auf mittlerem Qualifikationsniveau in der Region Ruhr dem Bundesdurchschnitt, der Anteil der kaufmännischen Prüfungen ist unterdurchschnittlich. Im Rheinland und in Westfalen haben Prüfungen unterhalb des BA-Niveaus eine überdurchschnittliche Bedeutung und in beiden Regionen ist der Anteil von Prüfungen auf MA-Niveau deutlich niedriger als im Bundesdurchschnitt. In Westfalen haben kaufmännische Prüfungen einen über dem Bundesdurchschnitt liegenden Anteil.

Im Bundesgebiet sind neben den Industrie- und Handelskammern (2017 und 2018 entfallen auf sie 49 % der bestandenen Prüfungen) die Handwerkskammern (41 %) die zweitwichtigsten Wirtschaftsorganisationen zur Durchführung öffentlich-rechtlicher Fortbildungsprüfungen. In Nordrhein-Westfalen liegen die Handwerkskammern mit 47 % der bestandenen Prüfungen im Durchschnitt der Jahre 2017 und 2018 (unter Berücksichtigung der Prüfungen bei allen Wirtschaftsorganisationen) sogar leicht vor den Industrie- und Handelskammern. Eine regionalisierte Betrachtung der Prüfungssituation wird in der Metropole Ruhr dadurch erschwert, dass kein Handwerkskammmerbezirk nur im Ruhrgebiet gelegen ist, sondern drei Handwerkskammerbezirke jeweils neben Teilen des Ruhrgebiets weitere Städte und Kreise in Nordrhein-Westfalen umfassen.*Der Bezirk Münster ist mit dem IHK-Bezirk Münster identisch. Die HWK Köln umfasst die IHK Bonn und IHK Köln. Ostwestfalen umfasst die IHK-Bezirke Bielefeld und Detmold. Außerdem weichen die Bezirke teilweise von den IHK-Bezirken ab. Die Kombination der Kammerprüfungen vermittelt aber wichtige zusätzliche Erkenntnisse.

In Nordrhein-Westfalen haben, mit Ausnahme der Region Aachen/Köln, Handwerkskammerprüfungen einen teilweise deutlich höheren Anteil an den Prüfungen der Aufstiegsfortbildung als im Bundesdurchschnitt (Abbildung 6.16).

Frauen legten bei den Handwerkskammern weniger als ein Fünftel der bestanden Prüfungen ab. Insgesamt beträgt der Anteil der Frauen unter den erfolgreich abgelegten Prüfungen der Wirtschaftsorganisationen in Nordrhein-Westfalen 2017 und 2018 nur 31,5 %.

Bezieht man die abgelegten Prüfungen auf 10.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, dann legten in Nordrhein-Westfalen Frauen im Durchschnitt der Jahre 2017 und 2018 nur 15,7 Fortbildungsprüfungen bei einer IHK oder HWK ab, während es bei den Männern 32,3 Prüfungen waren (Abbildung 6.17). In den Bezirken mit Teilgebieten der Metropole Ruhr ist die Fortbildungshäufigkeit unter beschäftigten Frauen schlechter als im Bundesdurchschnitt; bei den Männern begünstigt der hohe Anteil der Prüfungen im Handwerk deren Fortbildungshäufigkeit.

Insgesamt haben die Fortbildungsprüfungen der Wirtschaftsorganisationen für die Aufstiegsfortbildung von Absolvent*innen, Abgänger*innen und Abbrecher*innenIm allgemeinbildenden Schulwesen werden Personen, die die Schule mit mindestens Hauptschulabschluss verlassen, als Absolvent*innen bezeichnet; Abgänger*innen sind Personen, die die allgemeinbildende Schule nach Vollendung der Vollzeitschulpflicht ohne zumindest den Hauptschulabschluss verlassen. Dies schließt auch Jugendliche ein, die einen spezifischen Abschluss der Förderschule erreicht haben. Im Bereich der beruflichen Ausbildung gelten Personen, die einen Bildungsgang mit Erfolg durchlaufen, als Absolvent*innen. Wird ein Bildungsgang vorzeitig bzw. eine vollqualifizierende Ausbildung ohne Berufsabschluss verlassen, handelt es sich um Abbrecher*innen. Diese können gleichwohl die Möglichkeit genutzt haben, einen allgemeinbildenden Schulabschluss nachzuholen. Im Hochschulbereich bezeichnet man Personen, die ein Studium erfolgreich abgeschlossen haben, als Absolvent*innen. Studienabbrecher*innen sind Studierende, die das Hochschulsystem ohne Abschluss verlassen. Personen, die einen Studienabschluss nach dem Wechsel des Studienfachs und/oder der Hochschule erwerben, gelten nicht als Abbrecher*innen.Absolvent*innen einer Berufsausbildung einen höheren Stellenwert als die Fachschulen. Mit 0,37 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die pro Jahr insgesamt an Fachschulen und über Fortbildungsprüfungen der Wirtschaftsorganisationen eine formale Aufstiegsfortbildung in der Metropole Ruhr – und ähnlich in anderen Regionen – absolvieren, kann dieser Bereich beruflicher Weiterbildung aber nur einen geringen Beitrag zur Höherqualifizierung von Beschäftigten leisten.

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