Bildungsbericht Ruhr 2020

Rahmenbedingungen

Prof. Dr. Jörg-Peter Schräpler
Sebastian Jeworutzki

1.3. Soziale Entwicklung

Nach wie vor entscheidet in Deutschland die soziale Herkunft maßgeblich über den Bildungserfolg und die Bildungschancen der Kinder (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2018, S. 55 ff; Reiss et al. 2016, S. 285 ff.). Aktuelle Studien zeigen zudem, dass vor allem im Ruhrgebiet die lokale Bildungsbeteiligung sozialräumlich ungleich verteilt ist und im Zuge wachsender sozialer Segregation (Jeworutzki & Schräpler, 2020; Jeworutzki et al., 2016) verstärkt räumliche Bildungsdisparitäten auftreten. Diese Disparitäten werden umso deutlicher erkennbar, je kleinräumiger die Analyseebene ist (vgl. Schräpler et al., 2017; Terpoorten, 2014). Im Rahmen eines regionalen Vergleichs lassen sich aber bereits auf Kreisebene deutliche soziale Disparitäten erkennen.

Schwierige ökonomische Situation in den Familien

Die gesamtökonomische Situation im regionalen Umfeld bildet den Rahmen für die materielle Situation der Familien. Diese lässt sich durch das für die einzelnen Regionen ermittelte durchschnittliche monatliche ÄquivalenzeinkommenDas Äquivalenzeinkommen ist ein bedarfsgewichtetes Pro-Kopf-Einkommen je Haushaltsmitglied, das ermittelt wird, indem das Haushaltsnettoeinkommen durch die Summe der Bedarfsgewichte der im Haushalt lebenden Personen geteilt wird (IT.NRW, o. J., S. 1).Nettoäquivalenzeinkommen nachzeichnen. Abbildung 1.10 zeigt diesbezüglich bei Familien mit Kindern unter 18 Jahren in allen Regionen eine positive Entwicklung, allerdings liegen erhebliche Niveauunterschiede vor. 2018 wird das höchste Einkommen in den südlichen Metropolregionen Deutschlands erreicht. Dabei liegt mit großem Abstand die Region München (2.483 €) vorne, gefolgt von Stuttgart (2.098 €) und der Region Frankfurt/Rhein/Main (2.080 €). Am unteren Ende liegen Westfalen (1.767 €) und das Ruhrgebiet (1.677 €). Das Rheinland liegt mit 1.895 € im Mittelfeld. Bei der Interpretation der Werte ist zu berücksichtigen, dass auch die Preisniveaus und damit die Kaufkraft regional unterschiedlich ausfallen und sich diese Differenzen etwas relativieren können.

Das höchste (Äquivalenz-) Einkommen wird [...] mit großem Abstand in der Region München (2.483 €) erreicht [...]. Am unteren Ende liegt [...] das Ruhrgebiet (1.677 €).

An dieser Stelle ist eine weitere Differenzierung notwendig: Es ist bekannt, dass Paarfamilien deutlich höhere Einkommen erzielen als Alleinerziehende und Familien mit MigrationshintergrundDie Angaben zum Migrationshintergrund stammen aus dem Grundprogramm des Mikrozensus: „Als Person mit Migrationshintergrund gilt, wer nicht über die deutsche Staatsangehörigkeit verfügt oder außerhalb des heutigen Gebietes der Bundesrepublik Deutschland geboren wurde und seit dem 1. Januar 1950 zugewandert ist oder wer mindestens ein zugewandertes Elternteil hat.“ Informationen zum Migrationshintergrund der Bevölkerung stehen erst ab dem Jahr 2016 zur Verfügung. In der Kommunalstatistik werden z. T. leicht davon abweichende Definitionen verwendet, um den Migrationshintergrund mithilfe der Angaben im Melderegister bestimmen zu können.

In der Kinder- und Jugendhilfestatistik werden bei Kindern die Merkmale „Migrationshintergrund“ und „Familiensprache“ erfasst. Der Migrationshintergrund eines Kindes wird anhand der ausländischen Herkunft mindestens eines Elternteils definiert. Die unterschiedlichen Datenquellen (IT. NRW, Gemeindedatensatz, Statistik der BA), die im Kapitel „Berufliche Bildung“ verwendet werden, definieren die Gruppe derjenigen, die nicht der Gruppe der Deutschen zugerechnet werden können, unterschiedlich. Das führt zu einer eingeschränkten Vergleichbarkeit der Daten.
Migrationshintergrund
insgesamt geringere Einkommen aufweisen. In Abbildung 1.11 wird daher die Entwicklung des Einkommens dieser unterschiedlichen Familienkonstellationen in den Regionen Nordrhein-Westfalens und in Deutschland nachgezeichnet.

Im Jahr 2018 liegt das durchschnittliche monatliche Nettohaushaltsäquivalenzeinkommen im Ruhrgebiet aller Familien insgesamt bei 1.677 €, in Familien mit Migrationshintergrund bei 1.381 € und bei Alleinerziehenden nur bei 1.156 €. Im Rheinland, aber auch in Westfalen sind diese Werte im Vergleich höher. Vor allem im Ruhrgebiet tragen damit Alleinerziehende ein deutlich erhöhtes Armutsrisiko.

Abbildung 1.12 zeigt dies noch einmal eindrücklich anhand der Anteile der Familien, in denen der überwiegende Lebensunterhalt der Bezugsperson aus ALG I, ALG II oder Sozialhilfe bestritten wird. Es werden alle Privathaushalte, Familien mit Kindern unter 18 Jahren mit und ohne Migrationshintergrund sowie Alleinerziehende unterschieden. Es fällt auf, dass im Regionenvergleich in allen betrachteten Lebensformen das Ruhrgebiet stets, mit einem relativ großen Abstand zu den anderen Regionen, die höchsten Anteile an Transferempfänger*innen aufweist. Die Spannweite der Anteile zwischen den Regionen ist dabei erheblich: Bei Alleinerziehenden erhalten 2018 im Ruhrgebiet 39,3 % entsprechende Transferzahlungen, in der Region München sind es nur 12,6 %. Von den Familien mit minderjährigen Kindern und Migrationshintergrund erhalten im Ruhrgebiet 22,8 % (ohne Migrationshintergrund 10 %) und in der Region München nur 6,2 % (ohne Migrationshintergrund 2 %) Transferzahlungen. Die Entwicklung der Anteile von Familien mit Transferzahlungen ist in den meisten Familienformen und Regionen etwas rückläufig.

Der direkte Sprung zum Inhalt

Geben Sie hier bitte den fünfstelligen ShortCode aus der gedruckten Fassung ein:

Der ShortCode konnte nicht gefunden werden. Bitte prüfen Sie Ihre Eingabe.