Die Rolle des Berufskollegs im nordrhein-westfälischen Bildungssystem

Funktionen und Bedeutung des Berufskollegs in den Sektoren des Berufsbildungssystems

Prof. Dr. Dieter Euler

  1. Funktionen und Bedeutung des Berufskollegs
    1. Überblick
    2. Übergangsbereich: Wege in Ausbildung und Schulabschluss
      1. Bildungsangebote im Übergangsbereich in NRW
      2. Erörterung vertiefender Fragestellungen zum Übergangsbereich
      3. Handlungsbedarfe und Ansätze zur Weiterentwicklung des Berufskollegs im Übergangsbereich
      4. Zusammenfassung: Leistungsspektrum und -potenziale des Berufskollegs im Übergangsbereich
    3. Duale Berufsausbildung: Verbindung von Berufs- und Schulabschluss
      1. Bildungsangebote des Berufskollegs im Bereich der dualen Berufsausbildung
      2. Erörterung vertiefender Fragestellungen zur dualen Berufsausbildung
      3. Handlungsbedarfe und Ansätze zur Weiterentwicklung in der dualen Berufsausbildung
      4. Zusammenfassung: Leistungsspektrum und -potenziale des Berufskollegs in der dualen Berufsausbildung
    4. Schulbasierte berufliche Qualifizierungen
      1. Bildungsangebote im Schulberufssystem in NRW
      2. Erörterung vertiefender Fragestellungen zum Schulberufssystem
      3. Handlungsbedarfe und Ansätze zur Weiterentwicklung des Berufskollegs im Schulberufssystem
      4. Zusammenfassung: Leistungsspektrum und -potenziale des Berufskollegs im Schulberufssystem in NRW
    5. Berufliche Weiterbildung
      1. Bildungsangebote des Berufskollegs im Bereich der beruflichen Weiterbildung
      2. Erörterung vertiefender Fragestellungen zur beruflichen Weiterbildung
      3. Handlungsbedarfe und Ansätze zur Weiterentwicklung des Berufskollegs in der beruflichen Weiterbildung
      4. Zusammenfassung: Leistungsspektrum und -potenziale des Berufskollegs in der beruflichen Weiterbildung in NRW

4.4.3. Handlungsbedarfe und Ansätze zur Weiterentwicklung des Berufskollegs im Schulberufssystem

Das Schulberufssystem in NRW besteht aus einer Vielzahl von Bildungsgängen, die auf die Bedarfslagen unterschiedlicher Zielgruppen abgestimmt sind und durchgehend eine gute Verbindung von allgemeinbildenden und beruflichen Abschlüssen vorsehen. Zwischen den vollzeitschulischen Bildungsgängen und der dualen Berufsausbildung bestehen für zahlreiche Jugendliche tragfähige Übergänge.

Die Vielfalt an Bildungswegen innerhalb des Schulberufssystems impliziert unverzichtbar eine größere Komplexität und damit auch besondere Herausforderungen für die Herstellung von Transparenz. Es wäre zu prüfen, ob die bestehenden Materialien durch zielgruppenspezifische Medien ergänzt werden, um die Bildungsangebote noch transparenter darzustellen. Dabei wären insbesondere auch mögliche Anschluss- und Aufstiegswege für Jugendliche mit Startnachteilen hervorzuheben. So sind beispielsweise die Jugendlichen mit ausländischer Staatsangehörigkeit in den Bildungsgängen des Schulberufssystem im Vergleich zu ihrem Bevölkerungsanteil unterrepräsentiert.

Reflexions- und diskussionsbedürftig erscheinen die zum Teil sehr niedrigen Belegungszahlen in einzelnen Fachbereichen und in Verbindung damit der fachliche Spezialisierungsgrad im Profil einzelner Bildungsgänge. Niedrige Belegungszahlen bedeuten eine Herausforderung für die Ressourcenallokation im Hinblick auf Klassenstärken und Lehrkräfteeinsatz. Dies ist insbesondere in jenen Fachbereichen relevant, für die grundständig ausgebildete Fachlehrkräfte nur begrenzt verfügbar sind.

Im Bereich der landesrechtlich geregelten Bildungsgänge ergeben sich hier unmittelbare Gestaltungsmöglichkeiten. Der seit 2019 laufende Schulversuch Berufsfachschule für Ingenieurtechnik legt nahe, dass Bündelungsangebote gerade in der Technik fachlich sinnvoll sind und zugleich regionale Beschulungsmöglichkeiten sichern. Allerdings wird auch deutlich, dass der Übergang in eine qualifizierte duale Ausbildung oder das Studium für diese Zielgruppe sich oft als lohnender darstellt als den dreijährigen Assistentenbildungsgang vollständig zu absolvieren. Nur ein verhältnismäßig geringer Anteil der Schülerinnen und Schüler besucht darum noch das dritte Jahr, in dem der Berufsabschluss nach Landesrecht erworben wird. In einer Stufung der doppelt qualifizierenden Assistentenbildungsgänge in zwei separate Phasen (Stufe eins: Erwerb des schulischen Teils der FHR, Stufe zwei: Möglichkeit zum Erwerb des Berufsabschlusses nach Landesrecht) könnte daher ein Entwicklungsinstrument liegen, das zur flexibleren und effizienteren Gestaltung von Bildungsbiografien beiträgt.

Bezogen auf die Wachstumspotenziale in den Bereichen Gesundheit, Erziehung und Soziales fällt auf, dass die Bildungsgänge des Beruflichen Gymnasiums durch die Einführung des Beruflichen Gymnasiums für Gesundheit erheblich profitiert haben. Letzteres hat das traditionell stark frequentierte Wirtschaftsgymnasium bereits von Platz eins bei den Schülerinnen- und Schülerzahlen verdrängt. Das zunächst als Schulversuch gestartete Berufliche Gymnasium für Ingenieurwissenschaften stellt mittlerweile den mit Abstand größten Anteil der Schülerschaft im Fachbereich Technik. Auch das doppelt qualifizierende Angebot der staatlich anerkannten Erzieherin bzw. des staatlich anerkannten Erziehers mit Allgemeiner Hochschulreife, das nach wie vor eine nordrhein- westfälische Besonderheit darstellt, bietet weiterhin einen wichtigen Baustein zur Fachkräftegewinnung im sozialpädagogischen Bereich.

Bei der vergleichenden Betrachtung fällt auf, dass es in den Bildungsgängen der Anlage C in den Bereichen Gesundheit, Erziehung und Soziales noch keine vergleichbaren Entwicklungen gegeben hat. Angesichts großer Herausforderungen wie beispielsweise der Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztag oder im Gesundheitssystem wäre somit zu prüfen, ob nicht im Schulberufssystem ergänzende Angebote entwickelt werden könnten, die mehr Jugendliche zu gesellschaftlich relevanten beruflichen Qualifikationen führen.

Der direkte Sprung zum Inhalt

Geben Sie hier bitte den fünfstelligen ShortCode aus der gedruckten Fassung ein:

Der ShortCode konnte nicht gefunden werden. Bitte prüfen Sie Ihre Eingabe.