Bildungsbericht Ruhr 2024
Allgemeinbildende Schulen
Bildungsverläufe in der Sekundarstufe I führen häufig weg vom Gymnasium hin zu den anderen Schulformen
Für die stark geschrumpfte Hauptschule ist das Phänomen des erheblichen Schüler*innenzahlenanstiegs im Verlaufe der Sekundarstufe I unverändert gegenüber dem Bildungsbericht 2020 geblieben: Im Durchschnitt der Metropole Ruhr beträgt der Anstieg der Schüler*innenzahlen für diese Schulform zwischen den Jahrgangsstufen 5 und 9 84,4 % (Abbildung 3.4). Anders ausgedrückt: In der Jahrgangsstufe 9 lernen durchschnittlich 84,4 % mehr Schüler*innen als in der Jahrgangsstufe 5 begonnen haben, mit organisationalen (mehr und/oder vollere Klassen) wie pädagogischen Folgen (z. B. größerer Lehrkräftebedarf, Aufbau einer Klassengemeinschaft) (siehe Infobox ). Damit wird deutlich, dass der stark geschrumpften Hauptschule nach wie vor die Aufgabe zukommt, von anderen Schulformen, vor allem des gegliederten Systems, abgegangene Schüler*innen aufzufangen sowie neu zugewanderte Schüler*innen zu integrieren, und zwar in einem Umfang, der durchschnittlich fast einer Verdopplung der Schüler*innenzahlen des Jahrgangs 5 gleichkommt. Auch die Gesamtschulen (+16,3 %) und Realschulen (+5,1 %) erfahren einen deutlichen Zuwachs ihrer Schüler*innenzahlen während des Durchlaufs durch die Sekundarstufe I (Abbildung 3.4). Für die Schulen dieser Schulformen bedeutet dies erhebliche Herausforderungen für die pädagogische Arbeit, denn es werden dadurch entweder Klassen aufgefüllt, oder es ist die Einrichtung zusätzlicher Klassen notwendig, was die Teilung vorhandener Klassen nach sich ziehen kann. Die Gymnasien hingegen geben durchschnittlich 3,2 % ihrer Schüler*innenschaft im Verlauf der Sekundarstufe I ab, wobei hinsichtlich des Umfangs erhebliche Unterschiede zwischen den Gebietskörperschaften bestehen. "Durchgangswahrscheinlichkeit"
Durchgangswahrscheinlichkeit
Innerhalb der Sekundarstufe I spielt nach wie vor das Phänomen des Schulformwechsels eine Rolle, weit überwiegend in der Variante der sogenannten Abschulung, also des Wechsels in einen weniger anspruchsvollen Bildungsgang. Dabei kann mit dem Wechsel eine Klassenwiederholung einhergehen oder diesem vorausgehen. Unter Rückgriff auf die sogenannte Durchgangswahrscheinlichkeit wird zur Beleuchtung der Auswirkungen dieses Phänomens ermittelt, wie stark sich die Schüler*innenzahlen beim Wechsel von der 5. bis zur 9. Jahrgangsstufe in den einzelnen Schulformen verändern. Dabei muss beachtet werden, dass die Durchgangsquoten nicht nur Ergebnis von Schulformwechseln sind, sondern auch durch Schulumwandlungen (z. B. einer Sekundarschule in eine Gesamtschule) bzw. die Aufnahme neu zugewanderter Schüler*innen ebenso beeinflusst werden wie durch Klassenwiederholungen und den Wechsel von Schüler*innen in andere Bundesländer. Die hier berichteten Durchgangsquoten beziehen sich auf die Schülerkohorte, die 2022/23 in Jahrgangsstufe 9 lernte und dementsprechend – bei einem regulären Durchlauf – im Schuljahr 2018/19 der Jahrgangsstufe 5 angehörte.
Beim Übergang in die Sekundarstufe II zeigen sich schulformspezifische Bildungsprofile
Neben dem in die Sekundarstufe I können die Weichen der individuellen Bildungsbiografie auch beim Übergang in die Sekundarstufe II noch einmal neu gestellt werden. Traditionell ist NRW ein Land, das vielfältige Optionen des Übergangs bereithält, um auf diese Weise Bildungschancen zu eröffnen und Bildungsaufstieg zu ermöglichen. Das Übergangsgeschehen kann auf der Grundlage der Übergang der Kommunen beschrieben werden, allerdings – solange keine Schüler*innenindividualdaten erhoben werden – unter Inkaufnahme von blinden Flecken dieser Statistik. So bietet dieser Datensatz keine Informationen zu Schüler* innen, die an eine Schuldatensätze (Pflege oder therapeutische Ausbildungen) wechseln, und jene, die an eine Sekundarstufen-II-Schule außerhalb der Region wechseln, werden ebenfalls nicht erfasst. Schule des Gesundheitswesens
Unter Berücksichtigung dieser Restriktionen lässt sich der Übergang in die Sekundarstufe II wie folgt beschreiben (Abbildung 3.5; vgl. für die umgekehrte Perspektive Abbildung 4.18 im Kapitel Berufliche Bildung): Die beiden Schulformen mit direkter Abituroption, Gymnasium und Gesamtschule, unterscheiden sich traditionell. Fast alle Gymnasiast*innen setzen ihren Bildungsweg an dieser Schulform fort, während an den Gesamtschulen knapp 40 % den direkten Weg zum Abitur anstreben und es an der Gesamtschule auch häufig entgegen ihrer erlangen (Dahlhaus, 2020). Die Gesamtschule verlassen am Ende der Sekundarstufe I darüber hinaus viele Schüler*innen und wechseln in einen Bildungsgang des Schulformempfehlung bzw. beginnen eine duale Ausbildung. Berufskollegs
Hauptschulen, Sekundarschulen und Realschulen verfügen über spezifische Übergangsprofile. von Realschulen setzen zu rund 25 % ihren Bildungsweg direkt zum Abitur an einer Gesamtschule oder einem Gymnasium fort, die Übrigen wechseln zum Berufskolleg. Immerhin 26 % besuchen dort eine Berufsfachschule. Absolvent*innen von Sekundarschulen wechseln im Vergleich dazu seltener an eine allgemeinbildende Oberstufe und nehmen dafür häufiger eine duale Ausbildung auf bzw. besuchen eine Berufsfachschule. Das Gros der Hauptschulabsolvent* innen nimmt im Anschluss an die Sekundarstufe I eine duale Ausbildung auf bzw. besucht eine Berufsfachschule, knapp 19 % wechseln in einen ausbildungsvorbereitenden Bildungsgang. Absolvent*innen
Die Schüler*innenzahlen in der Sekundarstufe II sind weiterhin rückläufig, ebenso wie in den Berufskollegs
Die Schülerschaft innerhalb der Sekundarstufe II an Gesamtschulen, Gymnasien und Freien Waldorfschulen, in der die allgemeine Schulpflicht nicht mehr greift, ist in der Metropole Ruhr und auch in allen Kommunen durch einen Rückgang um durchschnittlich 6,8 % geprägt (Abbildung 3.6). Dieser Trend ist in allen Kommunen mit leichten Unterschieden zu verzeichnen und zeichnete sich bereits im vorherigen Berichtszeitraum des Bildungsberichts Ruhr ab.
An den Beruflichen Schulen ist ebenfalls ein Rückgang der Schüler*innenzahlen (–6,7 %) zu verzeichnen, der kommunal leicht unterschiedlich, aber besonders hoch in Mülheim an der Ruhr (–21,7 %) sowie in Gelsenkirchen (–13,2 %) ausfällt. Im Gegensatz dazu hat Bochum einen Rückgang um nur 1,7 % zu verzeichnen.