Bildungsbericht Ruhr 2024
Allgemeinbildende Schulen
3.6. Schulabgänge und Schulabschlüsse
Abschlüsse zertifizieren den Erfolg von Bildungsprozessen und bewerten fachliche und überfachliche Kompetenzen am Ende bestimmter Bildungswege. Beide Indikatoren – Kompetenzen und Abschlüsse – beschreiben auf ihre Weise Bildungserfolge bzw. Bildungsoutput. Während in Kapitel 3.5 mit den Auswertungen der Lernstandserhebungen () die erreichten Kompetenzen im Fokus stehen, konzentriert sich das folgende Kapitel auf die Frage, welche Bildungsabschlüsse in der Metropole Ruhr erworben werden und welchen Anteil daran die jeweiligen Schulformen haben ( VERA 3 und 8 mit Abschluss), und es vollzieht nach, in welchem Umfang Schulabschlüsse verfehlt werden (Abgänger*innen ohne Abschluss). Abgänger*innen
Abgänger*innen mit Abschluss
2022 wurden in der Metropole Ruhr über alle hinweg (Sekundarstufe I und II) 65.285 Schulabschlüsse vergeben (Abbildung 3.57). Die meisten davon wurden am Berufskolleg (18.932) vergeben, gefolgt vom Gymnasium (15.994), der Integrierten Gesamtschule (15.211) und der Realschule (8.748). Schulformen
Junge Frauen finden sich überproportional häufig unter den mit einer allgemeinen Absolvent*innen, deutlich unterrepräsentiert sind sie bei den Ersten Schulabschlüssen. Absolvent*innen mit nicht deutscher Staatsangehörigkeit sind deutlich überproportional bei den Ersten Schulabschlüssen vertreten, deutlich unterrepräsentiert hingegen bei der allgemeinen Hochschulreife. Hochschulreife
Kompetenzen und Abschlüsse
Das Verhältnis von Kompetenzen und Abschlüssen ist ein zentrales Thema im Bildungswesen und bezieht sich auf die Art und Weise, wie Bildungssysteme und Arbeitgeber*innen den Wert und die Relevanz formaler Qualifikationen (wie Zeugnisse, Diplome und Zertifikate) gegenüber den tatsächlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten (Kompetenzen) bewerten.
Kompetenzen:
Kompetenzen umfassen das Wissen, die Fähigkeiten und Einstellungen, die eine Person in einem bestimmten Bereich besitzt. Sie können durch formales Lernen, informelles Lernen und praktische Erfahrung erworben werden. Kompetenzen beziehen sich auf die Fähigkeit, Aufgaben effektiv zu erledigen, Probleme zu lösen und in verschiedenen Kontexten angemessen zu handeln.
Abschlüsse:
Abschlüsse hingegen sind formale Qualifikationen, die nach dem erfolgreichen Abschluss eines Bildungsprogramms verliehen werden, z. B. ein Schulabschluss, ein Universitätsdiplom oder ein berufliches Zertifikat. Sie stellen eine offizielle Anerkennung dar, dass eine Person eine bestimmte Stufe der Bildung erreicht hat.
Eine weitere Auswertungsperspektive bietet sich, wenn man der Frage nachgeht, an welcher die einzelnen Abschlüsse erworben werden (Abbildung 3.59). Schulform
Die Vergabe eines Ersten Schulabschlusses erfolgt in mehr als einem Drittel aller Fälle nachträglich an einem Berufskolleg bzw. an einem Weiterbildungskolleg. Fachoberschulreifen werden am häufigsten noch immer an der Realschule vergeben (insbesondere, wenn sich damit eine Qualifikation für die gymnasiale Oberstufe verbindet), aber auch die Gesamtschule sowie das Berufskolleg tragen zur Vergabe dieses Abschlusses maßgeblich bei. Die Allgemeine wird 2022 zu 63,5 % am Gymnasium erlangt, zu 23,8 % an einer Gesamtschule und zu 10 % am Berufskolleg. Die Fachhochschulreife hingegen ist die Domäne des Berufskollegs (2022: 75,1 %) und wird zudem an Gymnasien (12,1 %) und Gesamtschulen (9,9 %) vergeben. Hochschulreife
Betrachtet man die Ergebnisse im zeitlichen Verlauf, zeigt sich ein fortschreitender Bedeutungsverlust der Realschulen bei den FOR-Q-Abschlüssen. Optisch lassen sich dynamische Bereiche (ESA, EESA, EESA Q) und statische Bereiche (FOR, FHR, AHR) unterscheiden.
Bei den Hochschulzugangsberechtigungen (HZB) sind die Verhältnisse nahezu festgefahren: Ein Teil der Schüler*innen erwirbt die Berechtigung über das Berufskolleg (BK) für Fachhochschulen, während der andere Teil über Gymnasien an Universitäten (oder ebenfalls Fachhochschulen) gelangt.
Anders ausgedrückt: Der Bedeutungsverlust von Haupt- und Realschulen ist unübersehbar. Dass die meisten ESA/EESA-Abschlüsse außerhalb der Hauptschule und die meisten FOR- und insbesondere FOR-Q-Abschlüsse außerhalb der Realschule erworben werden, weist darauf hin, dass vor allem an Hauptschulen kaum noch Abschlüsse erzielt werden. Dies führt dazu, dass das Berufskolleg zunehmend als Ort der zweiten Chance fungiert. Betrachtet man die Entwicklung des BKs über die Zeit, wird deutlich, dass die Bedeutung der unteren und mittleren Abschlüsse gegenüber den Hochschulzugangsberechtigungen gestiegen ist. Das ist einerseits positiv und wichtig, andererseits bieten untere und mittlere Abschlüsse immer weniger Chancen auf dem Ausbildungsmarkt, auch wenn diese Entwicklung teilweise durch den Fachkräftemangel gemildert wird.
Abbildung 3.60 betrachtet den Erwerb der Abschlüsse aus der Perspektive der drei Schulformen Hauptschule, Sekundarschule und Realschule, die ausschließlich Schulformen der Sekundarstufe I darstellen. Es werden schulformspezifische Abschlussprofile sichtbar: Deutlich wird, dass an der neuen Schulform Sekundarschule zwei Drittel der Absolventen*innen eine Fachoberschulreife erwerben, die übrigen einen Ersten Schulabschluss.
Die Realschule wird fast ausschließlich mit einer Fachoberschulreife abgeschlossen, während an der verdichteten Hauptschule „nur“ ein knappes Drittel der Schüler*innen diese Schulform mit Fachoberschulreife verlassen.
Abgänger*innen ohne Abschluss
Der Anteil der Schüler*innen, die die allgemeinbildenden Schulen ohne einen Abschluss verlassen, ist seit dem letzten Bildungsbericht weiter angestiegen. Schulformabstiege sind mit Blick auf das Verfehlen von Abschlüssen ein Risikofaktor. Diese Schüler*innen bleiben nicht dauerhaft ohne Abschluss, sondern setzen häufig ihre Schullaufbahn an einem Berufskolleg fort und erwerben dort (zusätzlich) einen Abschluss (Abbildung 3.5, Abbildung 3.61 und Kapitel 4). 2022 (2018: 1.710 Schüler*innen) haben knapp 1.506 Schüler* innen die allgemeinbildenden Schulen (ohne Förderschulen) in der Metropole Ruhr ohne einen Abschluss nach Vollendung der Vollzeitschulpflicht verlassen. In aller Regel setzen diese Schüler* innen ihre Schullaufbahn im Berufskolleg fort und erwerben dort einen Abschluss (Abbildung 3.5 und Abbildung 3.61). Der Anteil der Schüler*innen ohne Abschluss an den ist zwischen 2018 und 2022 von durchschnittlich 3,5 % auf 3,4 % minimal gesunken. Dabei zeigen sich erhebliche schulformspezifische Unterschiede: Insbesondere Hauptschüler*innen verlassen die Schule ohne einen Abschluss, ihr Anteil ist bis 2022 auf 16,9 % (2018: 15,5 %) gestiegen. Nimmt man ausschließlich nicht deutsche Abgänger*innen in den Blick, so ist ihr Anteil von 9,9 % 2020 auf durchschnittlich 12,3 % im Jahr 2022 gestiegen. Insbesondere die Hauptschule, an denen diese Gruppe überproportional häufig vertreten ist und teils sogar die Mehrheit darstellt, verlassen viele nicht deutsche Abgänger*innen ohne Abschluss (2022: 24,3 %). Abgänger*innen