Bildungsbericht Ruhr 2024
Allgemeinbildende Schulen
Gut ein Drittel aller Grundschulen im Ruhrgebiet ist durch herausfordernde Lagen gekennzeichnet, in einzelnen Kommunen betrifft dies sogar die Hälfte aller Grundschulen
Ein Indikator, die pädagogischen Herausforderungen von Schulen zu bemessen, ist der landeseigene Sozialindex (Schräpler & Jeworutzki, 2023). Er bildet die soziale Zusammensetzung der Schülerschaft jeder einzelnen Schule ab. Seit 2023 wird er neu berechnet, weshalb ein unmittelbarer Vergleich mit den Daten des Bildungsberichts 2020 nicht möglich ist. Im Jahr 2023 ist gut ein Drittel aller Grundschulen der Metropole Ruhr (Abbildung 3.10) nach der Landesdefinition als Schulen in herausfordernder bzw. sozial deprivierter Lage zu bezeichnen, weist also einen Sozialindex von 6 oder höher auf. Diese Schulen verfügen über schwierige wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rahmenbedingungen in ihrem Einzugsbereich. Innerhalb von NRW ist das im Vergleich der Regionen ein Spitzenwert. Im Rheinland (o. MR) liegt der Anteil von Grundschulen in herausfordernden Lagen bei 22,3 %, in Westfalen (o. MR) bei nur 12,9 % (Abbildung 3.11)..
Innerhalb der Metropole Ruhr sind solche Rahmenbedingungen in mindestens der Hälfte der Grundschulen der Städte Gelsenkirchen, Hagen und Herne zu finden, während solche Schulen in den Kreisen durchschnittlich seltener vorkommen. Allerdings verbergen sich hinter dieser Durchschnittszahl große Unterschiede innerhalb der Kreise zwischen verschiedenen kreisangehörigen Städten, innerhalb derer der Anteil teils genauso ausgeprägt sein kann wie in den Großstädten. Wie bereits im letzten Bildungsbericht konstatiert, liegen Grundschulen mit herausfordernden Rahmenbedingungen überproportional häufig in den Städten und dort wiederum in Stadtteilen, die bereits langfristig durch einen massiven Strukturwandel geprägt sind.
Weiterer Rückbau von Haupt- und Realschulen, Ausbau von Gesamtschulen
Die Anzahl weiterführender Schulen ist in der Metropole Ruhr zwischen 2018 und 2022 von 441 auf 429 zurückgegangen, obwohl die Schüler*innenzahlen moderat angestiegen sind (Abbildung 3.12). Die Kommunen können in NRW über ihre Schulstrukturen selbst entscheiden. In diesem kommunalen Entwicklungsprozess zeigt sich für die Metropole Ruhr ein Rückbau an Schulstandorten, vor allem von Hauptschulen (–10 Schulstandorte) und Realschulen (–9 Standorte) sowie zugleich ein Ausbau von Gesamtschulstandorten (+8 Standorte). Sekundarschulen, die im letzten Berichtszeitraum aufgrund ihrer Gründungsgeschichte aufgebaut wurden, halten sich auf niedrigem Niveau (Rückgang um eine Schule auf 21 Schulstandorte). Die Anzahl der Gymnasien ist im Berichtszeitraum konstant geblieben.
Der kommunale Vergleich auf der Schulformebene (Abbildungen 3.13) setzt den Trend von Umbauprozessen weg von Hauptschulen (und Realschulen), der sich bereits im vorherigen Bildungsbericht abgezeichnet hat, fort. Vor allem Hauptschulstandorte sind bereits im Zeitraum des vorherigen Bildungsberichts erheblich zurückgebaut worden. Dieser Trend setzt sich seit 2018 in vielen Kommunen, insbesondere auch in den Kreisen, weiter fort. Eine vergleichbare Entwicklung zeigt sich auch bei den Realschulstandorten, die vor allem in den Kreisen Unna und Wesel, aber auch in Duisburg und Gelsenkirchen zurückgebaut worden sind. Demgegenüber befindet sich die zuletzt eingeführte Sekundarschule in einer Konsolidierungsphase, wobei im Berichtszeitraum einzig in Duisburg eine Sekundarschule durch eine Gesamtschule ersetzt worden ist. Keine Kommune hat eine Gesamtschule geschlossen, der Ausbauprozess dieser Schulform hat sich vor allem stark in den Kreisen (Ausnahme: Kreis Unna) vollzogen. Gymnasiale Standorte sind hingegen so gut wie unverändert geblieben und stellen die meisten weiterführenden Schulstandorte im Vergleich der Schulformen dar.
Der nur geringe durchschnittliche Anstieg der Schüler*innenzahlen in der Sekundarstufe I und der Schüler*innenzahlenrückgang in der Sekundarstufe II zeigt sich in einer weitgehenden Konsolidierung der Zügigkeit der einzelnen Schulformen, die sich innerhalb der Metropole Ruhr zwischen 2018 und 2022 kaum verändert hat (Abbildung 3.14). Allerdings führt der Konsolidierungsprozess der Sekundarschule zu einem leichten Abbau der Zügigkeit (einzelne Schulen haben die Anzahl der Parallelklassen verkleinert), während die verbleibenden Realschulen im Durchschnitt ihre Zügigkeit erhöht haben und damit zusätzliche Parallelklassen eingerichtet haben.
Über eine sozial herausfordernde Lage verfügen in der Metropole Ruhr 36,8 % aller Sekundarstufenschulen, im mittleren Ruhrgebiet steigt dieser Wert auf über 50 %
Die soziale Belastung der Schulen wird auch für die weiterführenden Schulen (auf Grundlage der Schülerschaft der Sekundarstufe I) über den neuen Sozialindex berechnet. Noch häufiger als Grundschulen (34,3 %) verfügen weiterführende Schulen (36,8 %) über herausfordernde Rahmenbedingungen innerhalb ihres Einzugsgebiets.
Besonders viele Schulen mit sozial hoher Belastung weist Gelsenkirchen mit 81 % aller kommunalen Schulen auf. Aber auch in Duisburg und Essen betrifft dies die Mehrheit der Schulen. Soziale Herausforderungen im Einzugsgebiet sind (mit Ausnahme des Kreises Recklinghausen) kennzeichnend für das mittlere Ruhrgebiet, während die meisten Kreise davon nur unterproportional betroffen sind.