Bildungsbericht Ruhr 2024
Allgemeinbildende Schulen
3.3. Sonderpädagogischer Förderbedarf
Das vorliegende Kapitel gibt einen Überblick über die Entwicklung der Schüler*innenzahlen, und Förderquoten für alle Förderschwerpunkte. Die vielfältigen Bedingungsfaktoren im Kontext der Lern- und Entwicklungsstörungen werden hingegen sehr differenziert dargestellt, da im Ruhrgebiet mehr als 7 % der Schüler*innen in diesem Bereich einen sonderpädagogischen Förderbedarf unter der Annahme attestiert bekommen, dass sie nicht in das allgemeinbildende Schulsystem integriert werden können. Inklusionsanteile
Heterogene Förderschullandschaft in der Metropole Ruhr
Das Schulangebot in den Kommunen wird durch die Schulentwicklungsplanungen gesteuert. Diese Prozesse erfolgen auf der Grundlage von Schüler*innenzahlprognosen, die bis 2015/16 vorwiegend von einem demografisch bedingten Rückgang ausgingen, und schulpolitischen Steuerungsmaßnahmen.
Im Ruhrgebiet ist die Förderschullandschaft ausgesprochen heterogen. Die Schulen für Lern- und Entwicklungsstörungen und für geistige Entwicklung befinden sich überwiegend in kommunaler Trägerschaft; daneben stehen kirchliche Träger und Freie Waldorfschulen. Die Landschaftsverbände sind Träger der überregionalen Förderschulen mit den Schwerpunkten körperliche und motorische Entwicklung, Hören und Sehen.
In NRW ist es möglich, dass Schulen für Lern- und Entwicklungsstörungen nur einen Förderschwerpunkt bedienen; zudem besteht die Option, Verbundschulen zu bilden, in denen zwei oder drei Förderschwerpunkte aus diesem Spektrum abgedeckt werden. Neben Kommunen, die vorrangig das Modell der Verbundschule umsetzen, gibt es in anderen Kommunen Mischformen oder ein nach Förderschwerpunkten differenziertes Modell (Tabelle 3.2).
Methodischer Hinweis
Die Schüler*innenzahlen beziehen sich auf die Primarstufe, die Sekundarstufe I sowie auf die Berufspraxisstufe der Förderschule geistige Entwicklung; die Förderquoten und Inklusionsanteile beziehen sich auf die Jahrgangsstufen 4 und 5. Einbezogen sind alle Schulen mit Hauptstandort in der Metropole Ruhr. Als Schulformen werden die allgemeinen Schulen und die allgemeinbildenden Förderschulen einschließlich der Förderschulzweige der Freien Waldorfschulen einbezogen. Klinikschulen gehen nicht in die Auswertung ein.
Schüler*innenzahlen und Förderquoten steigen an
Die Einführung der inklusiven Beschulung hat in Nordrhein-Westfalen nicht dazu geführt, dass mehr Kinder und Jugendliche Schulen des gemeinsamen Lernens besuchen. Zwar wurden die allgemeinen Schulen auf den Bereich der sonderpädagogischen Förderung ausgerichtet, gleichzeitig wurde jedoch auch das Förderschulsystem stabilisiert. Seit 2015 ist die Zahl der Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in der Primarstufe und der Sekundarstufe I um 24 % angestiegen. Damit geht einher, dass die Schüler*innenzahlen in beiden Systemen gestiegen sind und im Schuljahr 2022/23 mehr Kinder und Jugendliche eine besuchten als vor Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (Abbildung 3.19). Förderschule
Für diese Entwicklung sind drei Faktoren ausschlaggebend:
Bei 2,18 % der Kinder und Jugendlichen liegt ein sonderpädagogischer Förderbedarf aufgrund einer geistigen, psychiatrischen oder somatischen Behinderung vor.
Die Quoten für die Förderschwerpunkte Hören und Kommunikation (Gehörlose und Schwerhörige) sowie Sehen (Blinde und Sehbehinderte) sind seit 2015 stabil. Der hat sich bei den hörbehinderten Schüler*innen seit 2015 um 9,2 Prozentpunkte erhöht, sodass heute die Hälfte der Schüler*innen eine allgemeine Schule besucht. Bei sehbehinderten Kindern und Jugendlichen liegt dieser Anteil bei 45 %. Inklusionsanteil
Bei Kindern und Jugendlichen mit geistigen, körperlichen oder psychiatrischen Einschränkungen liegen häufig mehrfache, stark ausgeprägte und komplexe Behinderungsbilder vor (Bezirksregierung Münster, 2021; Kultusministerkonferenz, 2021). Viele der jungen Menschen werden auf eine dauerhafte Unterstützung und Begleitung angewiesen sein. Die Schulen für geistige sowie körperliche und motorische Entwicklung verfügen über personelle und räumliche Ressourcen, um die Schüler*innen heilpädagogisch und pflegerisch zu fördern.
Die körperliche und motorische Entwicklung liegt seit 2015 konstant bei 0,5 % (Abbildung 3.20). Der Inklusionsanteil ist zunächst gestiegen, geht seit 2018 jedoch wieder deutlich zurück und liegt aktuell bei 28,2 % (Abbildung 3.21). Von den Kindern und Jugendlichen, die aufgrund einer körperlichen und motorischen Behinderung eine Förderschule besuchen, weisen 84 % zusätzlich eine ausgeprägte kognitive Beeinträchtigung auf. Förderquote
Die Quote des Förderschwerpunkts geistige Entwicklung ist seit 2015 von 1,07 auf 1,3 % gestiegen, womit ein Anstieg der Schüler*innenzahl von 6.053 auf 7.700 verbunden ist (Abbildung 3.22). Der ist zwischen 2015 und 2018 gestiegen und erreichte 2019 mit 24,3 % den Spitzenwert. Seitdem sinkt er wieder kontinuierlich und liegt 2022 bei 19,5 %. Mehr als drei Viertel (77 %) der Inklusionsanteil werden eingeleitet, weil den Kindern und Jugendlichen im schulischen Kontext eine schwerwiegende und langfristige Lern- und Entwicklungsstörung attestiert wird. Damit bekommen 7,2 % der Schüler*innen im Ruhrgebiet einen sonderpädagogischen Förderbedarf zugewiesen, da sie aller Voraussicht nach nicht in das allgemeine Schulsystem integriert werden können (Abbildung 3.20). Die Verfahren zur Prüfung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs werden durch vielfältige Faktoren beeinflusst. Deshalb werden im Folgenden die Ergebnisse der schulstatistischen Analyse für diesen Förderbereich differenziert dargestellt. AO-SF-Verfahren