Bildungsbericht Ruhr 2024
Berufliche Bildung
4.2. Berufliche und/oder schulische Qualifizierung an Berufskollegs
Berufskollegs in NRW bieten jungen Menschen mit vielfältigen Bildungsgängen eine zweite Chance, um Schulabschlüsse nachzuholen und höherwertige Abschlüsse zu erzielen oder erste berufliche Kenntnisse und/oder schulische Berufsabschlüsse zu erlangen (Enggruber, 2016; Euler, 2022). Dabei vereinen Berufskollegs unterschiedliche schulische Teilbereiche (Berufliches Gymnasium, Berufsfachschule, Fachschule, Berufsschule, Fachoberschule) mit spezifischen Bildungsgängen und unterschiedlichen fachlichen Ausrichtungen unter einem Dach (Abbildung 4.16). Insbesondere die Ausbildungsvorbereitung als Bildungsgang der Berufsschule (Anlage A), die Bildungsgänge der Berufsfachschulen (Anlage B/C) und die vollzeitschulischen Ausbildungsgänge an Fachschulen (Anlage E) sowie die damit verbundenen Kombinationen von Schulabschlüssen, beruflicher Orientierung und der Vermittlung berufspraktischer Kompetenzen zum Teil in Verknüpfung mit einem Berufsabschluss nach Landesrecht bieten ein breites Spektrum beruflicher Qualifizierung, um Jugendliche auf die Arbeitswelt vorzubereiten. Im Folgenden liegt bei der Betrachtung ein Schwerpunkt auf der Ausbildungsvorbereitung und den Berufsfachschulen. Bei der schulischen Berufsausbildung wird der Fokus auf die Entwicklung bei der Ausbildung zur/zum Kinderpfleger*in und der Erzieher*innenausbildung gelegt. Grund dafür ist der seit Jahren deutlich zunehmende Fachkräftemangel dieser Berufsgruppen und der gleichzeitig steigende Ausbau der Infrastruktur in der frühen Bildung in der Metropole Ruhr (Kapitel 2).
Knapp ein Drittel der Schüler*innen in der Metropole Ruhr besucht ein Berufskolleg
Im Schuljahr 2022/23 besuchen von gut 500.000 Schüler*innen an weiterführenden Schulen 148.117 ein Berufskolleg (Abbildung 4.16). Allerdings ist die Zahl der Schüler*innen dem demografischen Trend folgend insgesamt rückläufig. Im Vergleich zum Schuljahr 2020/21 (152.874 Schüler*innen) ergibt sich ein Rückgang der Schüler*innen um 3,1 %.
Bildungsinfrastruktur - Anzahl der Berufskollegs in der Metropole Ruhr
Ähnlich wie für NRW insgesamt zeigt sich in der Metropole Ruhr ein Rückgang der Anzahl der Berufskollegs. Während es im Jahr 2013 in der Metropolregion noch 112 Berufskollegs gab, ist ihre Anzahl im Jahr 2022 auf 104 Schulen zurückgegangen, was ein Minus von ca. 7 % ausmacht. Schaut man sich die Entwicklung in den Kreisen und kreisfreien Städten im Vergleich an, ist seit 2013 nur in Bochum ein Berufskolleg hinzugekommen. In den anderen Städten und Kreisen ist die Anzahl entweder gleich geblieben oder weniger geworden. Für das Jahr 2022 ergibt sich folgendes Bild bei der Anzahl der Berufskollegs in der Metropolregion Ruhr (Abbildung 4.17).
Starke Heterogenität – Übergänge von allgemeinbildenden Schulen in die Teilbereiche von Berufskollegs
Berufskollegs, die in NRW für die Gestaltung der Bildungsgänge vor allem im Schulberufssystem und Übergangssystem der beruflichen Bildung maßgeblich (mit)verantwortlich sind, haben eine hohe Bedeutung sowohl für die Nach- als auch Höherqualifizierung junger Erwachsener am Übergang von der Schule in die Arbeitswelt. Dabei müssen sie Bildungs- und Qualifizierungsprozesse von Schüler*innen mit sehr unterschiedlichen Bedarfen begleiten. Die Heterogenität der Schüler*innenschaften in den einzelnen Teilbereichen von Berufskollegs verdeutlicht Abbildung 4.18, die einen Überblick über die Übergänge von allgemeinbildenden Schulen in die Berufskollegs der Metropole Ruhr gibt. In fast allen Teilbereichen sind Schüler*innen aus unterschiedlichen allgemeinbildenden Schulformen, die sehr heterogene Bildungsvoraussetzungen und Vorqualifizierungen mitbringen. Hervorzuheben ist der vergleichsweise hohe Anteil von Schüler*innen in Beruflichen Gymnasien, Fachoberschulen und Berufsfachschulen, die vorher eine Realschule besucht haben und somit eine Höherqualifizierung anstreben, bei der man berufliche Kenntnisse oder einen Berufsabschluss nach Landesrecht mit der Fachhochschul- oder Allgemeinen Hochschulreife verknüpfen kann. In allen Teilbereichen – außer dem Beruflichen Gymnasium – ist ein hoher Anteil von Gesamtschüler*innen zu erkennen. Aus dieser Schulform münden Schüler*innen mit sehr heterogenen Bedarfen der Höherqualifizierung in die verschiedenen Bildungsgänge ein, da sie an der Gesamtschule differenzierte Bildungsprozesse durchlaufen. Einen nennenswerten Anteil Förderschüler*innen (20 %) gibt es nur in der Ausbildungsvorbereitung. Interessant ist die Zusammensetzung in den dualen Fachklassen. Ein Viertel der Schüler*innen hat vorher ein Gymnasium besucht. Weniger stark vertreten sind Schüler*innen aus Realschulen und Hauptschulen, die in der Vergangenheit normalerweise die zentralen Bewerber* innen für eine duale Ausbildung waren.
Bildungsbeteiligung – Entwicklungen der Teilbereiche von Berufskollegs
Ähnlich wie in NRW insgesamt sind in der Metropole Ruhr seit 2013 dramatisch abnehmende Zahlen in den dualen Fachklassen zu verzeichnen, die einen Rückgang der Schüler*innenzahl um 12 % deutlich machen (vgl. dazu Kapitel 4.1). Alle anderen Bereiche weisen im Zeitverlauf zwar auch immer weniger Schüler*innen auf, aber die Veränderungen zeigen sich in einem deutlich geringeren Ausmaß. Die Zahl der Schüler*innen an Berufsfachschulen ist seit 2018 deutlich zurückgegangen, liegt aber immer noch über dem Stand von 2013 (Abbildung 4.19).
Wege der Integration: Ausbildungsvorbereitung und Berufsfachschulen als Chance für nicht deutsche Schüler*innen
Schaut man sich die Verteilung nach Geschlecht und Nationalität an, zeigt sich, dass nicht deutsche Schüler*innen stärker in den Teilbereichen vertreten sind, die einen ersten oder mittleren Schulabschluss ermöglichen, eher berufsvorbereitend ausgerichtet sind oder einen Berufsabschluss nach Landesrecht bieten. So liegt der Anteil nicht deutscher Schüler*innen in der Ausbildungsvorbereitung im Jahr 2022 bei ca. 47 %; im Jahr 2018 waren es noch 43 %. Dahinter verbirgt sich die zunehmende Bedeutung internationaler Förderklassen, die der Ausbildungsvorbereitung zugeordnet werden und seit einigen Jahren eine zentrale Integrationsfunktion im Kontext der Zuwanderung geflüchteter junger Erwachsener übernehmen. In der Berufsfachschule liegt der Anteil nicht deutscher Schüler*innen bei knapp 25 %. In den dualen Fachklassen und damit in der dualen Ausbildung ist ihr Anteil nach wie vor gering (vgl. Kapitel 4.1). Auch in den anderen Teilbereichen liegt ihr Anteil bei zum Teil deutlich unter 20 %.
Mit Blick auf das Geschlecht fällt auf, dass zwei Drittel der Schüler*innen in den dualen Fachklassen und mehr als 60 % in der Ausbildungsvorbereitung männlich sind. In der Fachoberschule überwiegen die Schülerinnen (60 %).