Bildungsbericht Ruhr 2024
Hochschule
5.2. Ausgangsbedingungen
Beschreibung der Hochschulen
Das Ruhrgebiet beheimatet die vier öffentlich-rechtlichen Universitäten Ruhr-Universität Bochum (RUB), Technische Universität Dortmund (TU Dortmund), Universität Duisburg-Essen (UDE) und die FernUniversität Hagen sowie die private Universität Witten-/Herdecke. Insgesamt studierten an diesen fünf Universitäten im Wintersemester 2022/23 knapp 180.000 Studierende (Tabelle 5.1), von denen rund zwei Drittel (66,1 %) an einer der Universitäten mit Präsenzlehre im Ruhrgebiet immatrikuliert waren. Da die FernUniversität Hagen Lehre für Studierende anbietet, die über das gesamte Bundesgebiet verteilt leben, wird sie in den folgenden Ausführungen nicht berücksichtigt, auch wenn sie geografisch in der Metropole Ruhr liegt. Die private Universität Witten-/Herdecke ist die älteste private Universität Deutschlands. Dort studierten im WS 2022/23 knapp 3.000 Studierende in elf Fächergruppen.
Die drei staatlichen Universitäten in Bochum, Dortmund und Duisburg-Essen kooperieren bereits seit 2007 hochschulübergreifend als Universitätsallianz Ruhr (UA Ruhr) in den Bereichen Forschung, Lehre und Verwaltung. Die Universitätsallianz hat das Ziel, die Metropole Ruhr als exzellenten Standort in der nationalen und internationalen Wissenschafts- und Studienlandschaft zu etablieren (UA Ruhr, 2023). Dazu wurde zum einen die Research Academy Ruhr gegründet, wodurch ein hochschulübergreifendes, überfachliches Qualifizierungs- und Vernetzungsprogramm für die verschiedenen Phasen der inner- und außeruniversitären wissenschaftlichen Karriere ermöglicht wird. Zum anderen bauen die drei Universitäten unter dem Dach der Research Alliance Ruhr seit 2022 vier gemeinsame Zentren der naturwissenschaftlichen Spitzenforschung und ein College für die Geistes- und Sozialwissenschaften im Ruhrgebiet auf (UDE, 2024; RUB, 2024).
Ausgehend von Ingenieurakademien, Werkkunstschulen und weiteren Fachschulen wurden 1971 im Ruhrgebiet zudem die ersten staatlichen Hochschulen für angewandte Wissenschaften etabliert (Hertweck et al., 2024), welche nunmehr als Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) operieren. Auch unter den HAW gibt es mit der Hochschulallianz Ruhr (HAR) der Hochschule Bochum, der Fachhochschule Dortmund und der Westfälischen Hochschule einen seit 2020 institutionalisierten Zusammenschluss, um Synergien in den Bereichen Forschungsförderung, Internationalisierung und Weiterbildung stärker zu nutzen. Über die vergangenen zehn Jahre sind zudem deutschlandweit und somit auch in Nordrhein-Westfalen die privaten Hochschulen für angewandte Wissenschaften deutlich ausgebaut worden (Autor*innengruppe Bildungsberichterstattung, 2024). Die praxisorientierte Ausrichtung hat es den Hochschulen für angewandte Wissenschaften ermöglicht, sich mit 60.161 Studierenden im WS 2022/23 nicht nur zu einem zentralen Bestandteil des Hochschulsystems im Ruhrgebiet zu entwickeln, sondern auch wesentlich zum fortschreitenden Strukturwandel im Ruhrgebiet beizutragen. Die Studienangebote sollten dabei das Ziel haben, eng an die wirtschaftliche und demografische Struktur des Ruhrgebiets angepasst zu sein, um den spezifischen Anforderungen der Arbeitsmärkte gerecht zu werden.
An den Universitäten ist das Geschlechterverhältnis der Studierenden in allen Regionen in NRW weitgehend ausgeglichen. Die Entwicklung der vergangenen Jahre mit steigendem Frauenanteil führt sogar dazu, dass in den anderen Regionen NRWs aktuell mehr Frauen als Männer an Universitäten studieren. Im Ruhrgebiet sind es noch 51 % männliche Studierende, aber auch hier steigt der Frauenanteil. An den Hochschulen für angewandte Wissenschaften zeigt sich noch ein etwas anderes Bild: Dort liegt der Anteil männlicher Studierender aktuell zwischen 54,8 % (Rheinland, Westfalen) und 57,3 % (Ruhrgebiet). Aber auch hier nimmt der Anteil der weiblichen Studierenden kontinuierlich zu (Abbildung 5.1). Diese relative Verschiebung ist allerdings eher darauf zurückzuführen, dass die absolute Zahl der männlichen Studierenden abnimmt und weniger auf die steigende Anzahl der weiblichen Studierenden.
Studienberechtigte und Studienanfänger*innen in der Metropole Ruhr
Die Studienberechtigtenquote gibt den Anteil einer Alterskohorte an, die ihre Schullaufbahn mit der allgemeinen Hochschulreife (z. B. Abitur) bzw. mit der Fachhochschulreife abschließt und somit studienberechtigt ist. In Nordrhein-Westfalen ist rund die Hälfte der Schulabgänger*innen studienberechtigt. In der Metropole Ruhr liegt die Studienberechtigtenquote mit 47,6 % weiterhin deutlich unter der des Rheinlands (52,3 %) und Westfalens (52,4 %) und auch unter dem bundesdeutschen Durchschnitt (48,4 %). Frauen sind in allen Regionen deutlich häufiger studienberechtigt als Männer (Abbildung 5.2).
Allerdings gibt es deutliche Unterschiede nach Städten und Kreisen (Abbildung 5.3). So sind z. B. in Essen, Bochum und Hagen deutlich mehr als die Hälfte der Schulabgänger*innen studienberechtigt, während in Gelsenkirchen, Duisburg und Oberhausen nur rund vier von zehn Personen eines Jahrgangs (35,9 % in Gelsenkirchen bis 42,1 % in Oberhausen) sich an einer Hochschule immatrikulieren dürften.
Eine weitere wichtige Kennzahl zur Beschreibung der Ausgangsbedingungen im Hochschulsektor ist die Studienanfänger*innenquote, welche den Anteil der Personen relativ zur altersspezifischen Bevölkerung misst, die im ersten Hochschulsemester in Deutschland ein Studium beginnen. Bei den folgenden Ausführungen wird nun – auch um die Vergleichbarkeit mit dem vorangegangenen Bildungsbericht (RuhrFutur & Regionalverband Ruhr, 2020) zu gewährleisten – anders als in Abbildung 5.2 der schulische Teil der Fachhochschulreife berücksichtigt. Die Abbildung 5.4 stellt die Quote der Studienberechtigten und der Studienanfänger*innen in den Jahren 2018 und 2022 dar. Sie zeigt, dass in den vergangenen Jahren die Quote der
Studienanfänger*innen sowohl bei Männern als auch bei Frauen in den drei betrachteten Regionen leicht gesunken ist. Da die Studienberechtigtenquote allerdings relativ konstant geblieben ist, deuten die Ergebnisse in Abbildung 5.4 darauf hin, dass ein steigender Anteil an Studienberechtigten kein Studium aufnimmt. Die Abbildung zeigt auch, dass die Quoten der Studienanfänger*innen insgesamt näher beieinander liegen, obwohl deutlich mehr Frauen als Männer studienberechtigt sind. Folglich entscheiden sich verhältnismäßig mehr Männer für ein Studium. Die Ursache des hohen Anteils studienberechtigter Frauen, die kein Studium aufnehmen, ist aus den verfügbaren Daten nicht abzulesen.