Bildungsbericht Ruhr 2024
Hochschule
5.1. Die Bedeutung der Hochschullandschaft und ihre Situation
Zum Wintersemester 2022/23 haben insgesamt 245.750 Studierende an einer dieser Hochschulen studiert. Somit zeichnet sich das Ruhrgebiet durch eine sehr dichte, hinsichtlich der Fächer aber auch sehr breit aufgestellte Hochschullandschaft aus. Die Hochschullandschaft ist aber nicht nur beeindruckend dicht und vielfältig, die Hochschultradition ist im Vergleich zu anderen Regionen Deutschlands sehr jung (Hertweck et al., 2024). Erst 1962 wurde mit der Ruhr-Universität Bochum die erste Universität des Ruhrgebiets gegründet.
In diesem Kapitel wird zunächst ein Überblick über die Struktur der Hochschullandschaft gegeben. Anschließend werden die verschiedenen Wege ins Studium dargestellt, die zu einer zunehmenden Heterogenität der Studierendenschaft führten. Die Fächerwahl im Hinblick auf die großen Transformationsprozesse wird im dann folgenden dritten Unterkapitel beschrieben. Es wird gefragt, ob die Hochschulen und die Studierenden so aufgestellt sind, dass sie die Zukunft der Region mitgestalten können und auf die Arbeitsmärkte der Zukunft vorbereitet sind. Das vierte Unterkapitel beschreibt die Studienbedingungen basierend auf Lehrenden- und Studierendenbefragungen. Das sich aus diesen Abschnitten ergebende Bild wird vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen im Ausblick interpretiert und es werden Handlungsempfehlungen diskutiert.
Es wird deutlich werden, dass die Hochschulen in der Metropolregion Ruhr vor bedeutenden Herausforderungen stehen, auch bedingt durch den sich wandelnden Arbeitsmarkt und die demografische Transformation. Die steigende Nachfrage der Wirtschaft nach MINT-Qualifikationen kann nicht vollständig bedient werden, während gleichzeitig der demografische Wandel mit rückläufigen Kohortenstärken zu Anpassungen an den Hochschulen führen wird. Der demografische Wandel verbunden mit einer verstärkten Durchlässigkeit des Bildungssystems und einem steigenden Anteil internationaler Studierender führt zu einer zunehmenden Heterogenität der Studierendenschaft. Diese steigende Diversität erfordert eine Anpassung der Lehrmethoden und Betreuungsstrategien, um den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden. Auch sind insbesondere nach der Corona-Pandemie die sozialen Interaktionen und Gruppenbildung im Studium beeinträchtigt, was an den Hochschulen durch gezielte Maßnahmen zur Stärkung der sozialen Integration von Studierenden abgefangen werden müsste.
Um den Anforderungen der regionalen Arbeitsmärkte gerecht zu werden, haben zahlreiche Hochschulen bereits unterstützende Strukturen geschaffen, um internationale Studierende langfristig zu integrieren und auch um gezielt Frauen für MINT-Fächer zu gewinnen. Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen scheint jedoch noch zu gering, um den aktuellen Herausforderungen nachhaltig zu begegnen. Um bestehende und ggf. neu zu schaffende Strukturen hinsichtlich ihrer Effizienz beurteilen und anpassen zu können, benötigen Wissenschaft, Bildungspolitik und auch die Bildungsverwaltung aussagekräftige Daten. Hochschulen erfassen bereits im Rahmen ihres Qualitätsmanagements und der Verwaltung umfangreiche Daten zum Übergang in das Studium und zum Studienverlauf. Mit Absolvierendenbefragungen gibt es zudem Erkenntnisse zum Übergang der Studierenden in den Arbeitsmarkt. RuhrFutur hat dazu beigetragen, manche der bestehenden Befragungen zu standardisieren und zu analysieren, und leistet somit einen Beitrag zur datengestützten Weiterentwicklung der Hochschulen in der Region. Derartige Befragungsdaten sollten aber auch der Wissenschaft zur Verfügung gestellt werden. Zudem sollte ein verbesserter Zugang zu administrativen Daten der Hochschulen ermöglicht werden, um außerhalb des Qualitätsmanagements der Hochschulen Erkenntnisse zu den Übergängen in die Hochschule und in den Arbeitsmarkt sowie zum Studienverlauf zu generieren (und Befragungsdaten zu validieren). Nur mit einer guten Datengrundlage kann Wissen generiert werden, das hilft, die Hochschulbildung im Ruhrgebiet nachhaltig und evidenzbasiert weiterzuentwickeln und die Potenziale der Studierenden und der Hochschulen optimal zu nutzen.
Die Ausführungen in diesem Kapitel basieren auf amtlichen Daten des Statistischen Landesamtes Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) sowie auf Befragungsdaten der Lehrenden- und Studierendenbefragungen von RuhrFutur (Küpker & Wissing, 2023). Viele wichtige Fragen wie die, welche Wege Studienabbrecher*innen einschlagen, müssen aufgrund fehlender Daten aktuell unbeantwortet bleiben.