Bildungsbericht Ruhr 2024
Hochschule
5.6. Zusammenfassung und Ausblick
Die Analyse der Hochschullandschaft in der Metropolregion Ruhr zeigt ein umfassendes und qualitativ hochwertiges Bildungsspektrum, das das Fächerspektrum vollständig abdeckt. Insgesamt studiert knapp eine Viertelmillion Studierender im Ruhrgebiet an einer der zahlreichen Hochschulen.
Dennoch stehen die Hochschulen in der Region vor mehreren bedeutenden Herausforderungen, insbesondere im Kontext des sich wandelnden Arbeitsmarktes und der demografischen Entwicklung. Die digitale und ökologische Transformation der Wirtschaft geht mit einem erhöhten Bedarf an Qualifikationen in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) einher und wird in den kommenden Jahren noch zunehmen. Diese arbeitsmarktseitige Nachfrage nach Fachkräften wird bislang noch nicht vollständig durch die bestehenden Bildungsangebote gedeckt. Stattdessen sind die Studierendenzahlen in den MINT-Fächern stärker rückläufig als in anderen Studienfächern.
Um die zukünftige Nachfrage nach Absolvierenden der MINTFächer decken zu können, sollte es weiterhin ein zentrales Anliegen der Hochschulen sein, den Anteil der aktuell noch unterrepräsentierten Gruppen in den MINT-Fächern zu erhöhen. Dazu zählen im Ruhrgebiet insbesondere Frauen, die überwiegend geistes- und sozialwissenschaftliche Studiengänge wählen.
Gleichzeitig ist auch der demografische Wandel eine Herausforderung für den Arbeitsmarkt, aber auch für die Hochschulen. Auf dem Arbeitsmarkt werden zukünftig weiterhin viele Fachkräfte in Gesundheitsberufen benötigt. Hier bietet das Ruhrgebiet mit der ehemaligen Hochschule für Gesundheit in Bochum, die nun als Hochschule für Gesundheit und Technik firmiert, eine auf die Ausbildung dieser Berufe spezialisierte Hochschule an. Der Geburtenrückgang in den vergangenen 20 Jahren führt aber auch dazu, dass die Kohortenstärken an Hochschulen rückläufig sind und ein weiterer Rückgang zu erwarten ist. Gleichzeitig erfolgt ein Zuzug aus dem Ausland, und mehr junge Erwachsene, deren Eltern keinen Hochschulabschluss haben, schreiben sich an den Hochschulen ein.
Diese demografischen Veränderungen in der Gesellschaft und die stärkere Durchlässigkeit des Bildungssystems führen auch zu einer zunehmenden Heterogenität der Studierendenschaft, da immer mehr Studierende mit Migrationshintergrund oder aus dem Ausland an den Hochschulen vertreten sind. Diese Diversität erfordert von den Hochschulen eine Anpassung ihrer Lehrmethoden und Betreuungsstrategien, um eine adäquate Unterstützung aller Studierenden sicherzustellen. Auch die soziale Integration der Studierenden, die häufig aus unterschiedlichen sozialen und bildungsbiografischen Kontexten stammen, stellt eine erhebliche Aufgabe dar, der sich die Hochschulen stellen müssen.
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben die sozialen Interaktionen und Bildung von Lerngruppen an den Hochschulen im Ruhrgebiet beeinträchtigt und wirken bis heute nach. So zeigt sich, dass Studierende Schwierigkeiten haben, sich in das akademische Umfeld einzuleben und mit Mitstudierenden und Lehrenden Kontakte zu knüpfen und gut zu kommunizieren. Ob dies noch Nachwirkungen der Pandemie oder Auswirkungen der zunehmenden Heterogenität der Studierendenschaft sind, kann allerdings nicht beurteilt werden. Unabhängig von der genauen Ursache sollten jedoch Maßnahmen zur Stärkung der sozialen und akademischen Integration der Studierenden umgesetzt werden, um z. B. Studienabbrüche zu reduzieren. Für eine genaue Analyse dieser Zusammenhänge innerhalb des Hochschulsystems fehlt es jedoch an aussagekräftigen Daten, insbesondere zu den Zusammenhängen zwischen Betreuung, Diversität und Studienerfolg.
Insgesamt zeigen die Auswertungen, dass die Hochschulen im Ruhrgebiet wie auch die anderen Bildungsbereiche gefordert sind, den aktuellen Herausforderungen langfristig zu begegnen. Wichtig bleibt, die Attraktivität von MINT-Studiengängen insgesamt, aber besonders für Frauen zu erhöhen und Studierende besser in das akademische Umfeld zu integrieren. Es müssen aber auch Maßnahmen ergriffen werden, die der in den letzten Jahren stark gestiegenen Zahl nicht deutscher Absolvent*innen den Übergang in den Arbeitsmarkt erleichtert und sie dadurch langfristig in der Region hält. Konkrete Handlungsempfehlungen umfassen deshalb die Implementierung gezielter Unterstützungsangebote zur sozialen Integration, die Anpassung von Lehr- und Betreuungsformaten an die heterogene Studierendenschaft sowie Initiativen zur Förderung der langfristigen Arbeitsmarktintegration nicht deutscher Studierender. Dabei muss die Ausbildung für Zukunftsberufe ein Schwerpunkt sein, um die Region auch in der Phase der aktuellen digitalen, ökologischen und demografischen Transformation wettbewerbsfähig zu halten. Auch ist im Hochschulbereich eine Verbesserung der Datenlage unabdingbar, um ein differenziertes Bild zeichnen und umgesetzte Maßnahmen evaluieren zu können sowie die Hochschullandschaft im Ruhrgebiet nachhaltig und evidenzbasiert weiterzuentwickeln, damit die Potenziale der Studierenden und der Hochschulen optimal genutzt werden.