Bildungsbericht Ruhr 2024

Weiterbildung

Prof. Dr. Andreas Martin

Weiterbildung an Hochschulen

Ein wichtiger Bestandteil des Anbieterspektrums im Bereich der allgemeinen Weiterbildung sind die Universitäten und Hochschulen. Obgleich hier zuvorderst berufliche Erstausbildung und berufliche Weiterbildung stattfinden, lassen sich auch Elemente allgemeiner, nicht zur beruflichen Verwertung vorgesehene Bildungsaktivitäten identifizieren. Das kann immer dann angenommen werden, wenn Bildungsgänge ohne Abschluss angeboten und genutzt werden oder die Teilnehmenden die Zertifikate mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht (mehr) zur Positionierung auf dem Arbeitsmarkt einsetzen. Solche Bildungsaktivitäten lassen sich an den Hochschulen in Nordrhein-Westfalen identifizieren.

Eine relativ sichere Zuordnung zum Bereich der allgemeinen Weiterbildung kann bei Gasthörer*innen an HochschulenGasthörer*innen können auch ohne formale Hochschulreife an einzelnen Kursen und Lehrveranstaltungen der Hochschulen teilnehmen. Zwar ist keine Abschlussprüfung möglich, dennoch gestattet das Gaststudium wissenschaftliche Weiterbildung und ist damit ein wichtiges Element im Kontext des lebenslangen Lernens. Für Studierende gibt es nach dem jeweiligen Hochschulrecht des Landes beziehungsweise Bundeslandes auch häufig die Möglichkeit, Lehrveranstaltungen als Zweithörer (Gaststudent*innen) zu belegen und diese somit in ihrem Studiengang einzubringen.Gasthörer*innen ab 55 Jahren angenommen werden. Gasthörer*innen erwerben kein Zertifikat und werden das erworbene Humankapital mit größerer Wahrscheinlichkeit nicht mehr arbeitsmarktwirksam einsetzen. Dennoch ist eine berufliche Verwendung nicht völlig ausgeschlossen. Die Zahl der eingeschriebenen Gasthörer*innen über 55 ist im Vergleich zu den Studierendenzahlen in NRW und auch den Belegungszahlen in VHS marginal (Abbildung 6.10). Dennoch zeigt sich, dass in der Metropole Ruhr die Zahlen lange Zeit deutlich niedriger waren als im Rheinland und in Westfalen. Auch hier lässt sich jedoch der Effekt der Corona-Pandemie beobachten mit dem interessanten Unterschied, dass dies in der Metropole Ruhr keine nennenswerten Auswirkungen hatte. Das ist auf die FernUniversität in Hagen zurückzuführen, deren Onlineangebote bzw. die Formate des Fernlernens davon nicht tangiert wurden.

Ein weiterer Bereich von Weiterbildungsangeboten, welcher der allgemeinen Weiterbildung zugeordnet werden kann, betrifft Studiengänge ohne Abschluss oder Zertifikat. Hier ist anzunehmen, dass Teilnehmende bereits über einen Abschluss verfügen und das Studium nicht arbeitsmarktwirksam verwenden (können). Auch hier ist jedoch nicht auszuschließen, dass das erworbene Humankapital beruflich genutzt und damit Erwerbs- und Einkommenschancen verbessert werden können. Insgesamt gibt es jedoch nur sehr wenige Studierende in solchen Studiengängen (Abbildung 6.11). Insgesamt haben im Zeitraum WS 2013/14 bis WS 2022/23 28 Hochschulen in NRW 73 Studiengänge ohne Abschluss und Zertifikat angeboten. Eingeschrieben waren dort in den Wintersemestern jeweils nur wenige Hundert Studierende. Im WS 2013/14 waren es in der Metropole Ruhr 301. Im folgenden Wintersemester erreicht die Zahl mit 507 einen Höhepunkt. In der Metropole Ruhr ist die Änderung bei der Zählung der Student*innen durch die Änderung des Statistikgesetzes vom 2. März 2016Bei einzelnen Hochschulen wurden die Daten ihrer Standorte bis 2016 am Hauptsitz gezählt, ab dem Sommersemester 2017 sind diese verpflichtend im jeweiligen Bundesland zu melden. Die neue Zählweise wirkt sich besonders auf die privaten Fachhochschulen aus, deren Campus über das gesamte Bundesgebiet verstreut sind. Hier ist z. B. die FOM zu nennen, die ihren Hauptsitz in Essen hat und deren Student*innen somit alle zur Metropole Ruhr gerechnet wurden. Ab 2017 werden die Student*innen aber dem Bundesland zugeordnet, in dem der jeweilige Campus geografisch liegt. Da deren Studienangebote hauptsächlich die Fächer Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften abdecken, ist dort auch der rein statistisch begründete Rückgang der Student*innenzahlen angesiedelt (IT.NRW, 2019, S. 6).Zahl der Studierenden in solchen Studiengängen in den folgenden Jahren deutlich gesunken. Im WS 2022/23 waren es noch 21 Studierende. In den beiden Vergleichsregionen zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Im Rheinland stieg die Zahl der Studierenden in Studiengängen ohne Abschluss auf 248 im WS 2017/18 und ist im WS 2022/23 auf 144 gesunken. In Westfalen schließlich gab es im WS 2022/23 keine Studierenden mehr in derartigen Studiengängen. Insgesamt scheint dies nicht die Zukunft der allgemeinen Weiterbildung zu sein.

Schließlich kann allgemeine Weiterbildung an Universitäten auch über das Alter der Studierenden definiert werden. Dem liegen zwei Prämissen zugrunde. Erstens wird angenommen, dass Personen über 55 mit großer Wahrscheinlichkeit bereits über eine berufliche Erstausbildung verfügen und – wo das tatsächlich nicht der Fall ist – keine Erstausbildung mehr aufnehmen. Zweitens kommt auch hier die bereits geschilderte Annahme zur Geltung, dass Studienabschlüsse keine größere Bedeutung hinsichtlich einer Verwertung auf dem Arbeitsmarkt haben, da die zu erwartenden Renditen geringer sind als die direkten und indirekten Kosten einer solchen Investition und dementsprechend auch keiner rationalen Intention entsprechen. Diese Annahme widerspricht jedoch Konzepten des lebenslangen Lernens und der Logik einer Aufrechterhaltung der Beschäftigungsfähigkeit gerade auch in der zweiten Lebenshälfte. Insgesamt weist die Statistik 116 Hochschulen aus, an denen Studierende im Alter von über 55 Jahren eingeschrieben waren oder sind. Im Gegensatz zu Gasthörern in der zweiten Lebenshälfte und Studierenden in Studiengängen ohne Abschluss handelt es sich bei Studierenden über 55 Jahren um keine marginale Gruppe. In den Regionen Rheinland, Westfalen und der Metropole Ruhr waren es 10.411 Studierende im WS 2022/23. Ältere Studierende sind eine zunehmend wichtige Zielgruppe der Hochschulen. Insbesondere die Metropole Ruhr weist hier hohe Zahlen auf. Das ist insbesondere auf die FernUniversität in Hagen zurückzuführen, deren Konzept in hohem Maße auch nicht traditionelle Studierende einschließt. Von den 6.856 im WS 2022/23 an den Hochschulen der Metropole Ruhr eingeschriebenen Studierenden waren 5.597 an der FernUniversität in Hagen immatrikuliert. Insgesamt ist ein steigender Trend zu beobachten. Der demografische Wandel wird diese Entwicklung möglicherweise weiter fördern.

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