Bildungsbericht Ruhr 2024
Frühe Bildung
2.1. Die Bildungsinfrastruktur: wachsende Herausforderungen für die Förderung von Drei- bis Sechsjährigen
Die Anzahl der Kindertageseinrichtungen in der Region ist seit 2019 weiter gestiegen (Abbildung 2.2). Im Jahr 2013 gab es hier 2.392 Kitas; 2019 waren es 2.541 und 2023 2.698. Als ein zentraler Engpassfaktor für den weiteren Ausbau der frühen Bildung, aber auch für die Aufrechterhaltung der vertraglich zugesicherten Betreuungszeiten wird inzwischen der wachsende Personalmangel diskutiert – obwohl die Entwicklung der Beschäftigtenzahlen weiterhin positiv ist (Abbildung 2.3), wobei der Anstieg in der Metropole Ruhr inzwischen sogar etwas stärker ausfällt als im Landesdurchschnitt. Mit einem Anstieg der Beschäftigtenzahlen um knapp 20 % (in Vollzeitäquivalenten) kann die frühe Bildung weiterhin als ein dynamisches Element auf dem Arbeitsmarkt bezeichnet werden. Bei der Entwicklung der Altersstruktur zeigen sich inzwischen erste Erfolge der Anstrengungen im Feld der Ausbildung
Personalmangel trotz Ausbau der Ausbildung
Dennoch wird das Thema der Nachwuchsgewinnung weiterhin von hoher Bedeutung sein. Konkrete Zahlen zum Personalmangel gibt es allerdings nicht, da in der Kinder- und Jugendhilfestatistik nur vorhandene Beschäftigte, nicht jedoch eventuell fehlendes Personal erfasst wird. Auch im bundesweiten Bericht der Autor*innengruppe Fachkräftebarometer (2023) ist zwar immer wieder vom Fachkräftemangel die Rede, es gibt jedoch weder konkrete Zahlen noch Konzepte, wie diesem Problem entgegenzuwirken wäre. Ein klarer Hinweis auf den Mangel ergibt sich aus der Relation zwischen arbeitslos gemeldeten Personen und offenen Stellen: Im Jahr 2022 kamen bundesweit auf 100 offene Stellen für Erzieher*innen nur 62 arbeitslos gemeldete Personen, und der Beruf wird inzwischen von der Bundesagentur für Arbeit als Engpassberuf geführt (Autor*innengruppe Fachkräftebarometer, 2023). Bei Kinderpfleger*innen beträgt die Relation 100 zu 193, sodass sich hier ein größeres Reservoir für die Besetzung offener Stellen ergibt. Konstatiert wird in dem Bericht eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen („Fachkräftemangel trotz guter Beschäftigungsbedingungen“, Autoren*innengruppe Fachkräftebarometer, 2023, S. 6), beispielsweise ein Rückgang von Befristungen auch bei Berufseinsteiger*innen, ein im Vergleich zu anderen Beschäftigtengruppen stärker gestiegenes Gehalt sowie geringe Anteile an unfreiwilliger Teilzeit (Autor*innengruppe Fachkräftebarometer, 2023).
Strukturen der Kitalandschaft
Weiterhin erfolgt der Platzausbau nicht nur durch die Gründung neuer Kitas, sondern nicht zuletzt durch den Trend hin zu größeren Einrichtungen (Abbildung 2.5). Der Anteil von Einrichtungen mit mehr als 70 Kindern ist in der Metropole Ruhr wie auch landesweit seit 2019 weiter gestiegen – von 36,2 % auf 41,1 %.
Die Verantwortung für die Bereitstellung von Plätzen liegt bei dem jeweiligen örtlichen Jugendamt.
Nach wie vor sind deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Kommunen und auch teils gegenläufige Entwicklungen zu beobachten (Abbildung 2.6). Der
Anteil öffentlicher Träger liegt 2023 zwischen 6,4 % in Hamm und 60,6 % in Gelsenkirchen, wo kontinuierlich sogar ein weiterer Anstieg festzustellen ist. Ein leichter Anstieg des Anteils von Einrichtungen in öffentlicher Trägerschaft findet sich seit 2019 außerdem in Hagen und Herne und in den Kreisen
Recklinghausen und Wesel.
Kitas in herausfordernden Lagen
Einen Einblick in die Herausforderungen, denen sich Kitas im Ruhrgebiet gegenüber sehen, gibt die auf dem Sozialindex für Grundschulen basierende Karte (Abbildung 2.7)
In Nordrhein-Westfalen im Allgemeinen und im Ruhrgebiet im Besonderen gibt es ein breites Spektrum an Angeboten, um für Kinder und Familien in schwierigen Lebenssituationen in Kooperation mit Kitas Unterstützung bereitzustellen. Zu nennen sind Familienzentren, die Familien im Sozialraum ein niederschwelliges Angebot an Familienbildung und -beratung bereitstellen und seit 2006 zu einer flächendeckenden Infrastruktur ausgebaut wurden (§§ 42/43 KiBiz), sowie seit 2011 die zusätzliche Förderung von Einrichtungen mit einem hohen Anteil an Kindern mit ungünstigen Startbedingungen und erhöhtem Sprachförderbedarf (plusKITAs, §§ 44/45 KiBiz) (Stöbe-Blossey et al., 2020). Mit der im August 2020 in Kraft getretenen Revision des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) wurden diese Programme weiter gestärkt. Die Jugendämter in den einzelnen Kommunen – sowohl im Ruhrgebiet als auch NRW-weit – nutzen die Landesförderungen in unterschiedlicher Weise, um, anknüpfend an die Institutionen früher Bildung, eine lokale Präventionspolitik auf- und auszubauen. Unterstützt werden die kommunalen Strategien durch weitere Landesprogramme, wie die Förderung kommunaler Präventionsketten für ein gelingendes Aufwachsen über das Programm „kinderstark – NRW schafft Chancen“.