Bildungsbericht Ruhr 2024
Rahmenbedingungen
1.4. Wirtschaftliche Entwicklung
Im weiteren Verlauf dieses Abschnitts wird ein detaillierter Blick auf die ökonomischen Rahmenbedingungen in den Metropolregionen geworfen. Dabei spielen neben der Arbeitsproduktivität und der Verteilung der Erwerbstätigen auf verschiedene Wirtschaftssektoren auch die kommunalen Finanzspielräume eine zentrale Rolle.
Abbildung 1.19 zeigt für die Metropolregionen die in den Jahren 2013 bis 2022. In allen Regionen kann – wenn auch unterschiedlich stark ausgeprägt – eine positive Entwicklung nach dem Einbruch im ersten Corona-Jahr festgestellt werden. Wie bereits in der Vergangenheit ist die Dynamik im Vergleich der Regionen deutlich unterschiedlich. Die Region München weist, ausgehend von einem bereits hohen Niveau, das stärkste Wachstum auf und liegt im Hinblick auf die Zuwächse mit Ausnahme von Hamburg weit vor den anderen Regionen. Dabei überholt sie auch andere wirtschaftlich starke Regionen wie Stuttgart oder Frankfurt/Rhein/Main. Das Ruhrgebiet belegt mit 72.920 € je Erwerbstätigem im Jahresdurchschnitt weiterhin den vorletzten Platz der Vergleichsregionen. Entwicklung der Arbeitsproduktivität
Die Höhe und zukünftige Entwicklung der Arbeitsproduktivität wird auch durch die Struktur der Betriebe und Unternehmen bestimmt. Ein Indikator für den Stellenwert unterschiedlicher Wirtschaftsbereiche ist der Anteil der Erwerbstätigen in den unterschiedlichen Sektoren. Abbildung 1.20 zeigt die Verteilung der Anteile der Erwerbstätigen auf die Wirtschaftsbereiche des sekundären und tertiären Sektors in den Vergleichsregionen. Der tertiäre Sektor ist in die Wirtschaftsabteilungen „Handel, Gastgewerbe und Verkehr, Information und Kommunikation“ sowie „übrige Dienstleistungen“ unterteilt.
Zum Vergleich mit den anderen Regionen wird die Erwerbstätigenstatistik auf Basis der Daten des herangezogen, dessen Ergebnisse im Zeitvergleich nur eingeschränkt vergleichbar sind. Als erwerbstätig gelten Personen ab 15 Jahren, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, selbstständig ein Gewerbe betreiben oder freiberuflich tätig sind, inklusive Beamten und mithelfender Familienangehöriger. Die Dauer der tatsächlich geleisteten oder vertragsmäßig zu leistenden wöchentlichen Arbeitszeit spielt keine Rolle. Mikrozensus
Für das Ruhrgebiet wurde im letzten Bildungsbericht festgestellt, dass in keiner anderen Metropolregion im Zeitraum von 2013 bis 2018 der Anteil Erwerbstätiger im produzierenden Gewerbe so stark gesunken ist wie im Ruhrgebiet. Dieser Trend ist in den Jahren 2021 und 2022 nicht mehr zu beobachten. Der Anteil liegt in diesen Jahren bei ca. 23 % der Erwerbstätigen.
Für die anderen Wirtschaftsbereiche sind deutliche Niveauverschiebungen zwischen den Mikrozensuserhebungen vor und nach 2020 zu erkennen. Während der Anteil im Bereich „Handel, Gastgewerbe und Verkehr, Information und Kommunikation“ in den meisten Vergleichsregionen im Jahr 2022 um 1 bis 1,5 Prozentpunkte sank, stieg der Anteil in den sonstigen Dienstleistungen (Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, Grundstücks- und Wohnungswesen, Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen und sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen) im ähnlichen Umfang an. Das Ruhrgebiet weist mittlerweile bei den sonstigen Dienstleistungen einen ähnlich hohen Anteil wie das Rheinland, die Regionen München, Frankfurt/Rhein/Main und Hamburg auf.
Während die Arbeitsproduktivität ein Indikator für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit darstellt, spiegelt sie nicht die Finanzspielräume der Kommunen für Investitionen im Bildungsbereich wider. Dazu soll im Folgenden die Verschuldung kommunaler Haushalte in den Regionen als Indikator betrachtet werden. Bei einem Vergleich des Schuldenstands der Kommunen über die Ländergrenzen hinweg ist zu beachten, dass der Kommunalisierungsgrad, also der Anteil der Gesamtausgaben der Länder auf kommunaler Ebene, in den Bundesländern unterschiedlich hoch ist.
Abbildung 1.21 zeigt die durchschnittlichen Schulden der kommunalen Kernhaushalte pro Einwohner*in in Euro für die Vergleichsregionen. Die Schulden der Kernhaushalte umfassen Kassenkredite, mittel- und langfristige Kredite sowie Wertpapierschulden. Den höchsten Schuldenstand weist im Jahr 2022 mit 4.039 € pro Kopf (2018: 4.320 € pro Kopf) das Ruhrgebiet auf. Damit liegt es weit über dem Landeswert für NRW von 2.584 € pro Kopf und um ein Vielfaches höher als die Pro-Kopf-Schulden in den ostdeutschen Bundesländern, die noch geringere Schuldenstände als die Kommunen in Bayern insgesamt aufweisen (1.094 € pro Kopf). Der hohe Schuldenstand der Kommunen im Ruhrgebiet hat verschiedene Ursachen. Von besonderer Bedeutung sind die hohen Ausgaben für Sozialleistungen, die nicht vollumfänglich von Land und Bund übernommen werden, und die vergleichsweise geringen Gewerbesteuereinnahmen der Städte, die 2022 im Ruhrgebiet nur 622 € pro Einwohner*in betragen, während sie im Rheinland mit 961 € und in Westfalen mit 863 € pro Einwohner*in deutlich höher liegen (Vierteljährliche Kassenstatistik, Landesdatenbank NRW).
Die Schulden in der Metropole Ruhr sind seit 2016 rückläufig und bewegen sich mittlerweile unterhalb des Schuldenstandes von 2013. In wenigen Vergleichsregionen stiegen die Schulden der Kernhaushalte leicht (Frankfurt/Rhein/Main und Stuttgart) und in München sogar deutlich an. Der Anstieg in der Region München ist insbesondere auf höhere Neuverschuldung durch eine verstärkte Bautätigkeit in der Daseinsvorsorge (Schulen, Kinderbetreuung, Wohnungsbau, Klimaschutz) (Landeshauptstadt München, 2024) zurückzuführen.