Bildungsbericht Ruhr 2020
Rahmenbedingungen
1.6. Familien- und Lebensverhältnisse
Die familiäre Situation von Kindern und Jugendlichen beeinflusst auch abseits der wirtschaftlichen Lage der Familien und des Bildungshintergrundes der Eltern deren Bildungs- und Lebenschancen (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2018). Ein Aspekt ist die Betreuungssituation in der Familie, die sich sowohl für unterschiedliche Lebensformen als auch in Bezug auf die Erwerbssituation der Eltern anders darstellt.
Um einen Überblick über die Lebensverhältnisse von Familien zu geben, bietet es sich an, zwischen den Familienformen Ehepaare, Lebensgemeinschaften und Alleinerziehende zu unterscheiden.
Die Abbildung 1.22 gibt einen Überblick über die Anteile dieser Familienformen unterschieden nach Familien mit und ohne in den Regionen in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2018. Es ist erkennbar, dass Ehepaar mit Kind die am häufigsten vorkommende Familienform ist (in ganz Nordrhein-Westfalen 73,4 %). Zudem ist der Anteil Alleinerziehender bei Familien ohne Migrationshintergrund stets größer als in denen mit Migrationshintergrund. Am höchsten ist er im Ruhrgebiet mit 19,2 %; das Rheinland weist mit 18,5 % einen nur leicht geringeren Anteil auf. Migrationshintergrund
Aktuelle Studien zeigen, dass bei Paarfamilien noch immer das Zuverdiener*innenmodell den höchsten Stellenwert hat und die Väter meist in Vollzeit und die Mütter in Teilzeit bis 32 Stunden arbeiten. Die Erwerbsbeteiligung der Mütter steigt dabei mit dem Alter der Kinder (vgl. z. B. Seifert et al., 2019) und hängt stark von der Betreuungssituation der Kinder ab. Sie nimmt signifikant zu, wenn die Kinder sechs Jahre oder älter sind und in die Schule gehen. Abbildung 1.23 zeigt den Anteil der Paargemeinschaften mit ledigen Kindern nach der Anzahl der Erwerbstätigen in der Familie im Zeitverlauf für alle Regionen. Die Ergebnisse zeigen ein interessantes Bild: Paargemeinschaften mit Kindern, in denen zwei Personen erwerbstätig sind, haben in allen Regionen die größten Anteile im Vergleich zu Paargemeinschaften mit nur einem oder keinem Erwerbstätigen und steigen seit dem Jahr 2016 leicht an (der Anstieg zwischen 2015 und 2016 ist z. T. auf Veränderungen in der Stichprobenziehung zurückzuführen). In der Region Berlin sind sie insgesamt am höchsten (2018: 69,6 %) und im Ruhrgebiet am niedrigsten (2018: 50,8 %). Demgegenüber sinken die Anteile von Paargemeinschaften mit Kindern mit nur einem Erwerbstätigen. Diese Konstellation ist noch am häufigsten im Ruhrgebiet zu finden (2018: 26,0 %). Die Anteile von Paargemeinschaften mit ledigen Kindern ohne Erwerbstätige sind relativ konstant auf einem niedrigen Niveau, wobei das Ruhrgebiet insgesamt den höchsten Anteilswert aufweist (2018: 7,3 %).
Die Unterschiede bei der Zahl der Erwerbstätigen sind vermutlich vor allem auf die Beschäftigtenquote von Frauen zurückzuführen.
Abbildung 1.24 zeigt die regionale Verteilung der Beschäftigtenquote in Prozent auf Kreisebene. Die Spannweite der Quote ist erheblich: Sie reicht 2019 von 44,7 % in Gelsenkirchen bis zu 57,2 % in Gütersloh. Allgemein ist sie im Münsterland und in Teilen Ostwestfalens überdurchschnittlich hoch. Niedrige Frauenerwerbsquoten zeigen sich im nördlichen Ruhrgebiet und am Niederrhein.
Im Beobachtungszeitraum ist die Frauenbeschäftigtenquote in allen Kreisen in NRW angestiegen. Besonders hohe Zuwächse finden sich weniger in den Großstädten des Ruhrgebiets als vielmehr in ländlichen Kreisen: in Borken, Heinsberg, Olpe und Höxter.
Abbildung 1.25 zeigt die Entwicklung der Frauenbeschäftigtenquote nach Nationalität und Vergleichsregion. Erkennbar ist, dass die Quoten bei den nichtdeutschen Frauen deutlich niedriger liegen als bei den deutschen. In allen Regionen sind die Beschäftigtenquoten sowohl für deutsche als auch nichtdeutsche Frauen von 2013 bis 2019 angestiegen. Im Ruhrgebiet fällt dieser Zuwachs bei deutschen Frauen mit 16,5 % leicht höher aus als in den anderen Regionen, sodass im Vergleich etwas aufgeholt werden konnte. Die Quote ist mit 55,1 % im Jahr 2019 aber immer noch die niedrigste aller hier betrachteten Regionen.
Die Niveauunterschiede zwischen den Regionen fallen bei den nichtdeutschen Frauen größer aus als bei den deutschen. Auch hier weist das Ruhrgebiet die niedrigsten Quoten auf (2019: 27,7 %). Erstaunlich ist, dass die nichtdeutsche Frauenbeschäftigtenquote in München (2019: 56,7 %) inzwischen höher liegt als die Frauenbeschäftigtenquote deutscher Frauen im Ruhrgebiet.