Bildungsbericht Ruhr 2020
Rahmenbedingungen
1.3. Soziale Entwicklung
Nach wie vor entscheidet in Deutschland die soziale Herkunft maßgeblich über den Bildungserfolg und die Bildungschancen der Kinder (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2018, S. 55 ff; Reiss et al. 2016, S. 285 ff.). Aktuelle Studien zeigen zudem, dass vor allem im Ruhrgebiet die lokale Bildungsbeteiligung sozialräumlich ungleich verteilt ist und im Zuge wachsender sozialer Segregation (Jeworutzki & Schräpler, 2020; Jeworutzki et al., 2016) verstärkt räumliche Bildungsdisparitäten auftreten. Diese Disparitäten werden umso deutlicher erkennbar, je kleinräumiger die Analyseebene ist (vgl. Schräpler et al., 2017; Terpoorten, 2014). Im Rahmen eines regionalen Vergleichs lassen sich aber bereits auf Kreisebene deutliche soziale Disparitäten erkennen.
Schwierige ökonomische Situation in den Familien
Die gesamtökonomische Situation im regionalen Umfeld bildet den Rahmen für die materielle Situation der Familien. Diese lässt sich durch das für die einzelnen Regionen ermittelte durchschnittliche monatliche nachzeichnen. Abbildung 1.10 zeigt diesbezüglich bei Familien mit Kindern unter 18 Jahren in allen Regionen eine positive Entwicklung, allerdings liegen erhebliche Niveauunterschiede vor. 2018 wird das höchste Einkommen in den südlichen Metropolregionen Deutschlands erreicht. Dabei liegt mit großem Abstand die Region München (2.483 €) vorne, gefolgt von Stuttgart (2.098 €) und der Region Frankfurt/Rhein/Main (2.080 €). Am unteren Ende liegen Westfalen (1.767 €) und das Ruhrgebiet (1.677 €). Das Rheinland liegt mit 1.895 € im Mittelfeld. Bei der Interpretation der Werte ist zu berücksichtigen, dass auch die Preisniveaus und damit die Kaufkraft regional unterschiedlich ausfallen und sich diese Differenzen etwas relativieren können. Nettoäquivalenzeinkommen
Das höchste (Äquivalenz-) Einkommen wird [...] mit großem Abstand in der Region München (2.483 €) erreicht [...]. Am unteren Ende liegt [...] das Ruhrgebiet (1.677 €).
An dieser Stelle ist eine weitere Differenzierung notwendig: Es ist bekannt, dass Paarfamilien deutlich höhere Einkommen erzielen als Alleinerziehende und Familien mit insgesamt geringere Einkommen aufweisen. In Abbildung 1.11 wird daher die Entwicklung des Einkommens dieser unterschiedlichen Familienkonstellationen in den Regionen Nordrhein-Westfalens und in Deutschland nachgezeichnet. Migrationshintergrund
Im Jahr 2018 liegt das durchschnittliche monatliche Nettohaushaltsäquivalenzeinkommen im Ruhrgebiet aller Familien insgesamt bei 1.677 €, in Familien mit Migrationshintergrund bei 1.381 € und bei Alleinerziehenden nur bei 1.156 €. Im Rheinland, aber auch in Westfalen sind diese Werte im Vergleich höher. Vor allem im Ruhrgebiet tragen damit Alleinerziehende ein deutlich erhöhtes Armutsrisiko.
Abbildung 1.12 zeigt dies noch einmal eindrücklich anhand der Anteile der Familien, in denen der überwiegende Lebensunterhalt der Bezugsperson aus ALG I, ALG II oder Sozialhilfe bestritten wird. Es werden alle Privathaushalte, Familien mit Kindern unter 18 Jahren mit und ohne Migrationshintergrund sowie Alleinerziehende unterschieden. Es fällt auf, dass im Regionenvergleich in allen betrachteten Lebensformen das Ruhrgebiet stets, mit einem relativ großen Abstand zu den anderen Regionen, die höchsten Anteile an Transferempfänger*innen aufweist. Die Spannweite der Anteile zwischen den Regionen ist dabei erheblich: Bei Alleinerziehenden erhalten 2018 im Ruhrgebiet 39,3 % entsprechende Transferzahlungen, in der Region München sind es nur 12,6 %. Von den Familien mit minderjährigen Kindern und Migrationshintergrund erhalten im Ruhrgebiet 22,8 % (ohne Migrationshintergrund 10 %) und in der Region München nur 6,2 % (ohne Migrationshintergrund 2 %) Transferzahlungen. Die Entwicklung der Anteile von Familien mit Transferzahlungen ist in den meisten Familienformen und Regionen etwas rückläufig.