Bildungsbericht Ruhr 2020
Rahmenbedingungen
Strukturwandel führt zu wesentlichen Veränderungen der Beschäftigungsstruktur
Der Strukturwandel hat im Ruhrgebiet zu erheblichen Veränderungen der Beschäftigtenstruktur geführt (vgl. Schräpler et al. 2017, Jeworutzki et al. 2017, S. 57 ff). Viele klassische Industriestandorte haben eine vielfältige Transformation erfahren, ebenso haben sich Unternehmen aus anderen Branchen angesiedelt. Anfang der 1970er-Jahre war der größte Anteil an der Bruttowertschöpfung in Nordrhein-Westfalen noch auf das Produzierende Gewerbe entfallen. Seit Beginn der 1970er-Jahre ist der Anteil des Dienstleistungsbereichs an der Bruttowertschöpfung immer weiter angestiegen: von knapp 50 % auf rund 70 % im Jahr 2005. In diesem Zeitraum entfallen positive Wachstumsraten fast vollständig auf den Dienstleistungsbereich und darin insbesondere auf produktionsnahe Dienstleistungen in der Industrie (Schräpler, 2007, S. 42).
Diese Entwicklung spiegelte sich ebenfalls in der Beschäftigtenstruktur wider: Nach Angaben des Regionalverbands Ruhr waren im Jahr 1970 etwa 40,0 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Ruhrgebiet in einem Dienstleistungsberuf tätig (Regionalverband Ruhr, 2012b, S.8).
Im Jahr 2009 hat sich der Anteil an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den Dienstleistungsberufen im Ruhrgebiet auf insgesamt 71,4 % erhöht. In den darauffolgenden Jahren ist der Anteil weiter gestiegen und betrug im Jahr 2018 76,3 % (Regionalverband Ruhr, 2020). Der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Produzierenden Gewerbe ist im Ruhrgebiet hingegen von 58,4 % im Jahr 1970 (Regionalverband Ruhr, 2012b, S. 8) auf 23,5 % im Jahr 2018 gesunken (Regionalverband Ruhr, 2020).
Vergleich mit den anderen Regionen auf Basis der Erwerbstätigenstatistik
Zum Vergleich mit den anderen Regionen wird die Erwerbstätigenstatistik auf Basis der Daten des Mikrozensus herangezogen. Die Zahl der Erwerbstätigen fällt höher aus als die der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, da bei dieser Betrachtung auch Selbstständige, Beamte und geringfügig Beschäftigte mit einbezogen werden. Abbildung 1.19 zeigt die Verteilung der Anteile der Erwerbstätigen
Im Vergleich ist erkennbar, dass in keiner anderen Region in den betrachteten fünf Jahren die Anteile Erwerbstätiger am Produzierenden Gewerbe so stark gesunken sind wie im Ruhrgebiet. Der Anteil sinkt von 27,0 % im Jahr 2013 auf 23,3 % im Jahr 2018. Die Anzahl Erwerbstätiger ist hier um rund 8 % zurückgegangen. Das industrielle Herz schlägt in Nordrhein-Westfalen mittlerweile nicht mehr im Ruhrgebiet, sondern in Süd-Westfalen (Bogumil et al., 2013). Das zeigt sich auch im regionalen Vergleich: In Westfalen und in der Region Stuttgart liegen die Erwerbstätigenanteile in der Industrie noch bei über 30 %. Das Ruhrgebiet hat dagegen in diesem Zeitraum deutliche Zuwächse bei der Anzahl Erwerbstätiger im Wirtschaftsbereich Handel und Verkehr (+13,0 %) sowie sonstige Dienstleistungen (+10,6 %). Die hohen Beschäftigungsverluste im Produzierenden Gewerbe konnten allerdings im Ruhrgebiet nicht vollständig durch den Beschäftigungszuwachs im tertiären Bereich ausgeglichen werden. Bogumil u. a. beschreiben diese Entwicklung als das »Kernproblem des Ruhrgebiets« (Bogumil et al., 2012, S. 46).
Beschäftigungsstarke Branchen im Dienstleistungsbereich im Ruhrgebiet
Von den insgesamt 2,35 Mio. Erwerbstätigen im Jahr 2018 sind im Ruhrgebiet 1,75 Mio. Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das sind 8,7 % mehr als noch im Jahr 2013. Von den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten sind 1,33 Mio. im tertiären Sektor tätig.